Das Amtsgericht Böblingen verurteilte den Angeklagten wegen versuchter Freiheitsberaubung. Foto: dpa

Am Rosenmontag greift sich ein Mann in Böblingen ein Kind, nimmt es in den Schwitzkasten und sagt, er wolle es mitnehmen. Jetzt wurde der 35-Jährige wegen versuchter Freiheitsberaubung verurteilt.

Böblingen - Es ist Rosenmontag. Die Narren feiern auf dem Böblinger Elbenplatz. Im Festzelt des Faschingsvereins Grün-Weiß Böblingen drängen sich die Gäste. Mitten im Getümmel: ein elfjähriger Junge, der sich in dem Zelt, hinter dessen Theke sein Vater arbeitet, aufwärmen will. Kurze Zeit später wird etwas geschehen, über dessen Deutung jetzt das Böblinger Amtsgericht zu entscheiden hatte.

„Ein Mann stand neben mir an der Theke“, sagt der Junge heute. „Er hat mich dauernd etwas gefragt, wollte wissen, woher ich komme.“ Er habe die Fragen aber nicht beantwortet. Dass sein Sohn sich in der Situation unwohl fühlte, fiel auch dem 39-jährigen Vater hinter der Theke auf. Schließlich sei sein Sohn zu Bekannten gegangen, die sich ebenfalls in dem Zelt aufgehalten hatten, sagte der Vater vor Gericht. Diese hatten die angespannte Situation ebenfalls bemerkt. „Wir haben uns Sorgen gemacht und das Kind schützend zu uns genommen“, hatte eine der Frauen bei der Polizei ausgesagt. Doch auch dann habe der Mann das Kind weiter beobachtet. Schließlich wurde es dem Vater zu viel. „Ich habe meine Schicht abgebrochen und wollte mit meinem Sohn rausgehen.“

Das Gericht hielt den Angeklagten nicht für glaubwürdig

An der Tür kam es jedoch zu einem Gerangel. „Der Mann hat mich in den Schwitzkasten genommen und zu mir gesagt, dass er mich mitnehmen will“, sagte der Junge, der sich durch schnelles Wegducken selbst aus dem Griff hatte befreien können. „Ich hatte große Angst, dass er mich mitnimmt und verletzt.“ Daraufhin kam es zu einem Gerangel, an dem der 39-jährige Vater, der Mann sowie einige Umstehende beteiligt waren. Der Mann ging zu Boden, rappelte sich wieder auf und rannte davon. Am Kino stellten die Verfolger den Flüchtenden und hielten ihn fest, bis die Polizei eintraf.

„Das ist alles eine Lüge“, sagte der 35-jährige Angeklagte Mustafa K. (Name von der Redaktion geändert), der afghanischer Staatsbürger ist und seit drei Jahren als Flüchtling in Deutschland lebt, vor Gericht. Er kenne das Kind nicht und habe auch nicht mit ihm gesprochen. Außerdem spreche er kein Deutsch. Auf Nachfragen der Vorsitzenden Richterin Lea Werle gab er dann aber doch zu, mit dem Jungen gesprochen zu haben. „Ich habe ihn gefragt, was er hier macht.“ Aber mitnehmen wollte er den Elfjährigen angeblich nicht.

Das Gericht glaubte ihm nicht. „Ich habe keinen Zweifel, dass es sich so zugetragen hat, wie es in der Anklage steht“, sagte Werle. Der Angeklagte K. sei unglaubwürdig, er habe sich mehrfach selbst widersprochen. Denn auch der deutschen Sprache sei er durchaus zumindest rudimentär mächtig, wie eine Polizistin, die den Mann befragt hatte, bezeugen konnte.

Es gibt einen weiteren, ähnlichen Fall in Böblingen

Und dann war da noch ein ähnlicher Fall aus dem vergangenen Dezember. Dabei war ein Junge in Böblingen von einem Fremden auf der Straße am Arm gepackt und festgehalten worden. Einen Verdächtigen hatte die Polizei damals nicht ermitteln können. Die Täterbeschreibung passt aber auf K..

Zu Gute hielt Werle ihm, dass er nicht vorbestraft war und vor der Tat Alkohol getrunken hatte. Sie verurteilte den 35-Jährigen, der selbst Vater von vier Kindern ist, wegen versuchter Freiheitsberaubung zu fünf Monaten Haft auf Bewährung. Außerdem darf er fremde Kindern nicht ansprechen und muss 80 Arbeitsstunden ableisten. „Ich hoffe, das Urteil ist Ihnen eine Warnung.“ Es ist noch nicht rechtskräftig.