Weil er kein Geständnis ablegte, brachte sich der 19-Jährige um die Chance, mit einer Bewährungsstrafe davonzukommen. Foto: dpa

Das Amtsgericht verurteilt ihn wegen gefährlichen Körperverletzung, Raubes und Betrugs zu zwei Jahren und zwei Monaten Gefängnis. Statt Marihuana wollte er einem 19-Jährigen Oregano andrehen und traktierte ihn mit einem Schlagstock.

Böblingen - „Das darf nicht wahr sein. Was machen Sie mit meinem Sohn“, schreit die Mutter des 19 Jahre alten Studenten der Betriebswirtschaftslehre völlig außer sich in den Gerichtssaal. Der Richter Ralf Rose am Böblinger Amtsgericht hat ihn gerade zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten verurteilt. Ohne Bewährung. Ein Polizist legt ihm Handschellen an. Wenig später wird er von Polizisten zu einer dunklen Limousine eskortiert, die vor dem Gerichtsgebäude wartet. Der 19-Jährige wird hineinverfrachtet und kommt in die Justizvollzugsanstalt in Stuttgart-Stammheim.

DNA-Spuren am Schuh

Das Jugendschöffengericht hält den 19 Jahre alten Jugendlichen aus dem Kreis Böblingen der gefährlichen Körperverletzung, des Raubes, Betrugs und der Verbreitung von Betäubungsmittelimitaten für schuldig. „Man ist vieles gewohnt. Aber so jemanden wie Sie trifft man nicht so oft“, hatte ihm Rose während der Urteilsbegründung noch mit auf den Weg gegeben.

An einem Schuh des 19-Jährigen waren DNA-Spuren gefunden worden, die belegen, dass er in eine körperliche Auseinandersetzung verstrickt war. Sein heute 19 Jahre altes Opfer, dem er statt Marihuana Oregano angedreht hatte, hatte für den Richter „in einer schlichten und sachlichen Art“ glaubhaft berichtet, dass er von dem Angeklagten mit einem Schlagstock traktiert worden war. Er hatte schwere Verletzungen am Kopf, am Rücken und am Oberarm erlitten.

Am 5. Juli des vergangenen Jahres hatte der junge Mann, der getäuscht worden war, an der Haustüre des Betrügers geklingelt, um die 200 Euro zurückzuverlangen, die sich der Angeklagte aus seiner Jackentasche genommen hatte. Um an das Geld zu kommen, habe ihn der Überbringer des Marihuana-Imitats mit einer Hand gestoßen, mit der anderen die Geldscheine genommen und sei weggerannt. Das Ganze war am Abend des 28. Juni auf dem Hof der Ostertag-Realschule in Leonberg passiert. Der Täter war in Begleitung zweier Kumpels gekommen, der eine heute 18, der andere 20 Jahre alt. „Ich habe nur den Läufer gespielt“, wollte der 19-Jährige dem Richter weiß machen.

Eine Woche danach hatten die Drei dann an der Haustüre des Betrügers kein Pardon gekannt: Sie schlugen den jungen Mann, der sein Geld zurück wollte, in die Flucht, dabei war der Schlagstock im Spiel. Gegenüber dem Richter gab der Angeklagte das nicht zu. Rose räumte ihm deshalb in einer Sitzungsunterbrechung die Möglichkeit ein, über ein Geständnis nachzudenken.

Schlägerei vor dem Blauen Engel

Die Offerte, dadurch mit einer Bewährungsstrafe davonzukommen, nahm der 19-Jährige jedoch nicht an. Erst in seinem letzten Wort nach dem bereits gesprochenen Urteil bekannte er: „Ich habe Fehler gemacht.“ Mit Reue habe das nichts zu tun, urteilte Rose, dieses Teileingeständnis komme zu spät. Wegen Fluchtgefahr ordnete er die Untersuchungshaft an. Die Familie des 19-Jährigen sei bei der Hausdurchsuchung nicht kooperativ gewesen, begründete er dies.

Die sofortige Verhaftung forderte auch der Staatsanwalt: „Er könnte sonst weiterhin auf seine Kumpane Einfluss nehmen.“ Er habe wohl seine beiden Kumpels unter Druck gesetzt. Sie saßen bei der Verhandlung ebenfalls auf der Anklagebank und belasteten den 19-Jährigen nicht. Das galt auch für eine Schlägerei vor dem Gasthof Blauer Engel in Leonberg am 3. September vorigen Jahres, in die neben den Dreien ein weiterer heute 19 Jahre alter Mann verwickelt war, dem nun ebenfalls der Prozess gemacht wurde. Ein 30-Jähriger war nach Fausthieben und Schlägen „mit einem harten Gegenstand“, wie die Ermittlungen ergaben, bewusstlos zu Boden gegangen und hatte noch Tritte gegen den Kopf erhalten. Der Hauptangeklagte behauptete, er sei nicht daran beteiligt gewesen.

18-Jähriger will raus aus dem Milieu

Der 18 Jahre alte Angeklagte, bei dem die Polizei 35 Gramm Marihuana sichergestellt hatte, erklärte, er wolle endgültig aus diesem Milieu heraus, bei dem körperliche Auseinandersetzungen und Drogenkonsum zum Alltag gehörten. Er wie auch die anderen beiden Angeklagten kamen nach ihren Geständnissen der Mittäterschaft mit Bewährungs- und Geldstrafen davon. Der Haupttäter aber verbringt sein weiteres Leben vorerst hinter Gittern. „Sie können nun ein Fernstudium beginnen“, empfahl ihm der Staatsanwalt.