Ein 27-jähriger Student will seinen Cousins aus Albanien bei einem Visum helfen – doch sein Angebot an eine Beamtin der Backnanger Ausländerbehörde bringt ihn vor Gericht. War es Bestechung oder nur ein Missverständnis?
Ein 27-jähriger Student aus Stuttgart steht in Backnang vor Gericht – der Vorwurf: Bestechung. Er soll einer Beamtin im Ausländeramt der Stadt Backnang 6000 Euro für eine beschleunigte Visumerteilung für seine albanischen Cousins angeboten haben.
Der in Deutschland geborene Student, der „nebenberuflich“ und mit niedrigem Gehalt als Geschäftsführer in der Baufirma seines Vaters angestellt ist, soll der Beamtin das Angebot im November 2022 gemacht haben. Fast zweieinhalb später steht er nun vor Gericht und beteuert in einer Erklärung seines Anwalts, alles sei nur ein großes Missverständnis gewesen.
„Gerne auch außerhalb der Arbeitszeit“
Tatsächlich habe er sich darum bemüht, für seine zwei Cousins eine Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis zu erwirken, doch mit seinen Anfragen bei der deutschen Botschaft in Albanien, mit denen er habe klären wollen, wie dies zu bewerkstelligen wäre, sei er regelmäßig ins Leere gelaufen. Von einer Bekannten habe er erfahren, dass im Rahmen des sogenannten beschleunigten Fachkräfteverfahrens eine schnellere bürokratische Abarbeitung möglich sei - diese aber mit erhöhten Gebühren verbunden wäre.
Der Sachbearbeiterin im Ausländeramt habe er lediglich signalisieren wollen, dass die Firma, bei der die Cousins als Bauhelfer arbeiten sollten, bereit sei, eventuell anfallende erhöhte Gebühren zu bezahlen - pro Person bis zu 3000 Euro. Als die Beamtin daraufhin erwidert habe, dass sie nicht bestechlich sei, sei ihm das Missverständnis bewusst geworden und er habe sich entschuldigt und gesagt, dass dies ganz gewiss nicht seine Absicht gewesen sei.
Die Entschuldigung, die im Anschluss auch noch einmal telefonisch erfolgt sei, bestätigt die Beamtin. Doch von der Absicht des Angeklagten hat sie einen anderen Eindruck in Erinnerung. Sie hatte nach dem Vorfall einen Vermerk angefertigt. Darin steht ein entscheidender Satz, markiert als wörtliches Zitat: „Gerne können wir uns dazu auch außerhalb Ihrer Arbeitszeit treffen.“ Ein Angebot, das sie klar als Bestechungsversuch wertete. Dass es sich bei den in den Raum gestellten 3000 Euro pro Nase um eine etwaige Gebührenauslage gehandelt haben soll, glaubt sie nicht: „So hohe Gebühren haben wir nicht!“, betont sie vor Gericht. Ihr Verdacht: Der Angeklagte habe gewusst, dass er sich auf illegales Terrain begibt.
Während die Verteidigung argumentiert, dass der Angeklagte ganz offen in einem öffentlichen Büro gesprochen habe – also keineswegs heimlich oder konspirativ –, sieht der Staatsanwalt das anders: „Es geht hier nicht um drei Sätze, sondern um die Integrität einer Verwaltung.“ Der Angeklagte habe eindeutig eine Grenze überschritten.
Rückzug in letzter Minute
Der Richter, Marco Siever, lässt durchblicken, dass eine Verurteilung des Angeklagten kaum zu vermeiden ist – möglicherweise mit einer härteren Strafe, als im Strafbefehl vorgesehen. Der Student lenkt daraufhin ein und zieht seinen Einspruch zurück. Damit bleibt es bei zehn Monaten Gefängnis auf Bewährung, die Geldauflage wird allerdings von 6000 auf 3000 Euro reduziert – auf Betreiben seines Anwalts angepasst an seine finanziellen Verhältnisse.
Ob Missverständnis oder nicht – das Gericht sieht es eindeutig: Ein Bestechungsversuch an einer Behörde ist kein Kavaliersdelikt. Und auch unbedachte Worte können Konsequenzen haben.
Das beschleunigte Fachkräfteverfahren...
- soll Unternehmen und Fachkräften aus Drittstaaten helfen, das Einreiseverfahren zeitlich zu verkürzen.
- Das Unternehmen kann mit Vollmacht der betroffenen Fachkraft bei Vorliegen eines konkreten Arbeitsplatzangebotes für 411 Euro bei der zuständigen Ausländerbehörde ein solches Verfahren anstoßen.
- Auch das Verfahren zur Anerkennung der ausländischen Qualifikation kann dadurch beschleunigt werden.
- Alternativ zum beschleunigten Fachkräfteverfahren kann weiterhin das reguläre Einreiseverfahren zur Erwerbstätigkeit gewählt werden.