Der neue US-Präsident Donald Trump streckt die Faust in die Luft – Ex-Präsident Barack Obama klatscht. Weitere Eindrücke aus Washington sehen Sie in unserer Bilderstrecke. Foto: GETTY IMAGES NORTH AMERICA

Der 45. Präsident der Vereinigten Staaten ist in Washington vereidigt worden. Dabei herrscht in der US-Hauptstadt eine ungewöhnlich starke Nervosität. „Wir werden unsere Träume zurückbringen“, kündigt der neue US-Präsident an.

Washington - Ein wuchtiger Mann mit schräger Frisur steht vor dem Kapitol in Washington. Hinter ihm wehen zahlreiche US-Flaggen. Vor ihm haben sich Tausende Menschen auf der National Mall versammelt, Millionen schauen sich das Spektakel im Fernsehen an. Es ist ein historischer Moment. Donald Trump hat gerade den Amtseid abgelegt – er ist jetzt der 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Nun ist tatsächlich Realität geworden, was vor eineinhalb Jahren noch Lachkrämpfe bei vielen Amerikanern ausgelöst hat. Ein rätselhafter Populist ist nun Präsident des mächtigsten Landes der westlichen Welt. Sein Vorgänger Barack Obama erträgt die Zeremonie mit Fassung.

Es herrscht ein Moment der Stille, nachdem Trump auf die Bibel geschworen hat, sein neues Amt nach besten Wissen und Gewissen ausüben zu wollen. Doch die Ruhe währt nicht lange. Das Land erwartet eine Botschaft von seinem neuen Präsidenten. Ein von ihm selbst verfasstes „philosophisches Dokument“ werde Trump vorlegen, hat ein Sprecher des neuen Präsidenten zuvor gesagt und damit die Erwartungen nach oben getrieben. Es wird dann aber doch nur eine im Ton leicht entschärfte Wahlkampfrede.

Der neue US-Präsident zeichnet ein düsteres Bild

Denn Trump zieht, wie schon so oft in den vergangenen eineinhalb Jahren, einen Bilanzstrich unter das Amerika, das Obama in den vergangenen acht Jahren regiert hat. Er werde, sagt Trump in markigen Worten, die Macht wieder in die Hände des Volkes legen: „Das ist der Tag, an dem das Volk wieder der Herrscher über dieses Land geworden ist.“ Er werde die Armut bekämpfen, verspricht Trump. Er werde ein Land verändern, in dem zerstörte Unternehmen wie Grabsteine herumlägen. Er werde Arbeitsplätze schaffen, Tunnel bauen, die Gewalt in den Innenstädten beenden. „Von jetzt an wird eine neue Vision dieses Land regieren. Von diesem Tag an heißt es: Amerika zuerst, Amerika zuerst“, sagt Trump mit etwas heiserer Stimme. Nationen hätten ein Recht dazu, zuerst an sich zu denken: „Wir werden unsere Träume zurückbringen.“ Bei diesen Sätzen formt Trump mit Zeigefinger und Daumen der rechten Hand einen Kreis und reckt die drei restlichen Finger in die Höhe. Vielleicht soll das Trumps Vision noch verdeutlichen.

Der neue US-Präsident zeichnet ein düsteres, fast apokalytisches Bild von der Ära Obama. Damit hat er schon im Wahlkampf Begeisterungsstürme bei seinen Anhängern ausgelöst. Das will er nun fortsetzen. Dass er dabei die Realität missachtet, stört den Geschäftsmann, der nun Staatschef ist, überhaupt nicht. Die meisten Forscher sagen, Amerika stehe heute gar nicht so schlecht da, jedenfalls sei es heute viel besser als im Jahr 2009, als Obama das Land von George W. Bush übernahm. Aber Faktentreue war noch nie Trumps Stärke.