Die FDP schlägt vor, neue Wind- und Solarparks von der Abschöpfung auszunehmen. Foto: imago//Arnulf Hettrich

Nach den Grünen hat auch die SPD Zweifel, ob die Pläne von Finanzminister Christian Lindner (FDP) ausreichen. Dieser will ein Drittel der Extragewinne als Steuer einziehen.

Die Ampelkoalition in Berlin streitet darüber, in welcher Höhe krisenbedingte Extragewinne der Öl- und Gaswirtschaft abgeschöpft werden sollen. Nach den Grünen lässt jetzt die SPD Zweifel erkennen, ob die Pläne von Finanzminister Christian Lindner (FDP) ausreichen. Dieser will ein Drittel der Extragewinne als Steuer einziehen. Das wäre der von der EU vorgesehene Mindestsatz. SPD-Chefin Saskia Esken sagte unserer Zeitung: „Wir schöpfen Übergewinne bei Energiekonzernen ab und investieren das Geld in den Zusammenhalt unseres Landes.“ Sie fügte hinzu: „Wir werden darauf achten, dass dieser Gedanke bei der Umsetzung unseres Vorhabens nicht verwässert wird.“

Energiepreise sind stark gestiegen

Die SPD-Bundestagsfraktion machte ebenfalls deutlich, dass sie Lindners Pläne im parlamentarischen Verfahren genau prüfen wolle. SPD-Fraktionsvize Achim Post sagte unserer Zeitung: „Natürlich werden wir dann über die genaue Ausgestaltung im parlamentarischen Verfahren weiter sprechen. Das betrifft auch die Frage der Höhe des Beitrags.“ Zuvor hatten die Grünen-Vorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour deutlich gemacht, dass sie Lindners Pläne für zu wenig ambitioniert halten.

Energiepreise sind stark gestiegen

Laut einem Beschluss der EU-Energieminister von Ende September sollen krisenbedingte Übergewinne von Energiefirmen teilweise abgeschöpft werden. Ziel ist es, die Unternehmen finanziell an den Entlastungspaketen zugunsten der Verbraucher zu beteiligen. Infolge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine waren die Energiepreise in die Höhe geschossen. Davon profitieren unter anderem Mineralölkonzerne sowie Gas- und Stromproduzenten. Lindner plant, die Extragewinne der Öl- und Gasbranche befristet mit 33 Prozent zu besteuern. Das Aufkommen des deutschen Staates dürfte Berechnungen des Finanzministeriums zufolge bei rund einer Milliarde Euro liegen. Es geht nur um wenige Unternehmen und auch nur um Gewinne, die 2022 und 2023 deutlich höher liegen als im Schnitt der Jahre 2018 bis 2021. Der Minister selbst verweist darauf, dass der Bund die EU-Vorgaben umsetzen müsse. Er befürchtet aber, dass Firmen juristisch dagegen vorgehen und recht bekommen könnten. Das Ministerium benutzt den Begriff „EU-Energiekrisenbeitrag“. Intern wird darauf verwiesen, dass sich die Koalition eigentlich auf ein Belastungsmoratorium für Bürger und Unternehmen verständigt hat. Die FDP sperrt sich gegen neue Steuern jeder Art.

Regeln als zu kompliziert kritisiert

Lindners Pläne sind noch im Entwurfsstadium, am Ende muss das Parlament entscheiden. Am Dienstag hatte die Regierung ihre Pläne für die Gas- und die Strompreisbremse publik gemacht. Sie sollen in dieser Woche vom Kabinett im Umlaufverfahren beschlossen und in der kommenden Woche in den Bundestag eingebracht werden.

Regeln als zu kompliziert kritisiert

Im Rahmen der Strompreisbremse ist ein eigener Abschöpfungsmechanismus für den Stromsektor geplant: Kraftwerke mit niedrigen Erzeugungskosten, die ihren Strom zu sehr hohen Preisen verkaufen können, sollen rückwirkend vom 1. September 2022 bis mindestens zum 30. Juni 2023 einen Teil ihrer „Zufallsgewinne“ abführen. Es geht um Wind-, Solar- und Wasserkraftwerke, Abfallverbrennungsanlagen sowie Atom- und Braunkohlekraftwerke. Die Höhe der Zufallsgewinne will der Staat berechnen, indem er für jede Anlage die Produktionskosten zuzüglich Sicherheitspuffer den am Markt erzielten Preisen gegenüberstellt.

Laut einem Hintergrundpapier der Regierung sollen 90 Prozent der errechneten Zufallsgewinne abgeschöpft werden und zehn Prozent als „sichere Gewinne“ bei den Kraftwerksbetreibern verbleiben. Die Strombranche ist grundsätzlich bereit zu zahlen. Sie hält die geplanten Regelungen jedoch für zu kompliziert und befürchtet, dass Investitionen in die Energiewende abgewürgt werden könnten. Die FDP schlug am Donnerstag vor, neue Wind- und Solarparks von der Abschöpfung auszunehmen.