Die Ampel rauft sich zusammen und stellt das Gerüst für den Haushalt 2025 auf. Warum sie daran fast gescheitert wäre und worauf man sich geeinigt hat: Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Jetzt also doch: Nach zähen Verhandlungen hat sich die Bundesregierung über den Bundeshaushalt 2025 verständigt. Die groben Entscheidungen stehen nun fest. Das war nicht einfach. 23 Mal haben sich Kanzler Olaf Scholz (SPD), Vize-Kanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) im Kanzleramt getroffen, mehr als 80 Stunden saßen sie zusammen. Die letzte Runde dauerte bis in die frühen Morgenstunden. Warum die Einigung so schwierig war, was dabei herausgekommen ist und wie es nun weitergeht: der Überblick.
Warum hat es so lange bis zur Einigung gedauert?
Eigentlich sollte der Haushalt schon am Mittwoch im Kabinett sein. Jetzt gibt es zumindest eine grundsätzliche politische Einigung zwischen den drei Ampelspitzen, der eigentliche Haushalt muss noch exakt ausgearbeitet werden. Gedauert hat es so lang, weil die drei Parteien sehr unterschiedliche Vorstellungen hatten. SPD und Grüne wollten nicht auf Kosten des Sozialen sparen, die FDP auf keinen Fall die Schuldenbremse aussetzen – was sich SPD und Grüne gewünscht hätten. Wichtig war allen Parteien, auch etwas für die Wirtschaft zu tun. Auch dafür brauchte es Geld. Jede Partei musste Abstriche machen. Ein schmerzhafter Prozess.
Wie ist die Entscheidung bei der Schuldenbremse?
Hier hat sich FDP-Chef Christian Lindner durchgesetzt. Für seine Partei war es wohl Bedingung für den Fortbestand der Koalition, dass die Schuldenbremse nicht noch einmal ausgesetzt wird. Dabei dürfte es jetzt bleiben. Auch wenn von den Sozialdemokraten zu hören ist, man werde diese Frage auch künftig wieder aufmachen, falls es notwendig wird.
Was bedeutet die Einigung für die Bürgerinnen und Bürger?
Finanzminister Lindner verspricht Entlastungen in Höhe von 23 Milliarden Euro für die Bürgerinnen und Bürger in den kommenden zwei Jahren. Möglich werden soll das durch Erhöhungen der Freibeträge, Änderungen bei der Lohn- und Einkommensteuer und Verschiebungen beim Solidaritätszuschlag. Das Kindergeld wird zum 1. Januar 2025 um fünf Euro erhöht. Dasselbe gilt für den Kindersofortzuschlag beim Bürgergeld. Die Rentenreform, die bis zum Jahr 2039 die Renten stabilisieren soll, wird als Nebeneffekt der Haushaltseinigung nun wohl auch kommen.
Was wird für die Wirtschaft getan?
49 Maßnahmen sollen im kommenden Jahr zu einem zusätzlichen Wachstum von mehr als einem halben Prozent führen – das wären etwa 26 Milliarden Euro zusätzliche Wirtschaftsleistung. Geplant sind unter anderem beschleunigte Abschreibungen von Investitionen und eine verbesserte Forschungszulage. Wer schon eine Rente bezieht und dennoch weiterarbeitet, soll die Arbeitgeberbeiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung künftig direkt als Lohn ausgezahlt bekommen. Die Idee: Wenn mehr gearbeitet wird, wächst auch die Wirtschaft stärker. Auch für Bürgergeldempfänger soll es mehr Arbeitsanreize geben. Wenn mehr von ihnen in Arbeit kämen, würde das zugleich weniger Sozialausgaben bedeuten.
Wie will die Koalition es schaffen, die Schuldenbremse einzuhalten?
Um die Vorgaben für die Schuldenbremse einzuhalten, waren einige „Kunstgriffe“ nötig, wie SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sagte. Ein Nachtragshaushalt für dieses Jahr schafft mehr finanziellen Spielraum im kommenden Jahr. Ein Kunstgriff, den man etwas bösartiger auch einen „Trick“ nennen könnte, ist folgender: Um die Bahn und möglicherweise auch die Autobahnen zu finanzieren, denkt die Bundesregierung darüber nach, für beide Darlehen des Bundes bereitzustellen. Der Vorteil: Diese zählen nicht für die Schuldenbremse, anders als wenn man dies direkt über den Haushalt finanziert. Ob dieser Weg gewählt wird, ist aber noch nicht final geklärt. Ein dritter Kniff betrifft das Verteidigungsministerium. Neue Waffensysteme sollen insbesondere über Verpflichtungsermächtigungen bezahlt werden. Das heißt, man schließt einen Kaufvertrag ab, sagt aber die Kaufsumme erst in einem folgenden Jahr zu.
Wer musste zurückstecken?
Obwohl es insgesamt mehr Geld als im Vorjahr für die innere und die äußere Sicherheit gibt, bekamen die zuständigen Ministerien doch weniger als das, was sie erbeten hatten. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bekommt 1,2 Milliarden Euro mehr – ursprünglich hatte er 6,7 Milliarden gefordert. Eine Milliarde Euro mehr gibt es auch für das Innenministerium. Trotzdem hätte auch hier angesichts der Sicherheitslage mehr drin sein können. Bundesinnenministerin Nancy Faeser sprach in einer Erklärung von „richtigen Prioritäten“, aber auch von „schmerzhaften Einsparungen“. Auch im Auswärtigen Amt wurde eingespart. „Wenn wir die aktuellen Krisen der Welt zusammenzählen, dann bräuchte es bei der Humanitären Hilfe natürlich deutlich mehr“, hieß es dazu aus dem Haus. Teil der Einigung ist es aber, dass die Mittel bei unvorhergesehenen Krisen erhöht werden können. So könne man „außenpolitische Handlungsfähigkeit absichern und Kontinuität gewährleisten“. Details sind an vielen Stellen nicht bekannt.
Was bedeutet das für die Ampel?
Die Ampel hat sich gerade noch so zusammengerafft – aber einfach war es nicht. Der Konflikt um den Haushalt hat mal wieder gezeigt, wie schwer sich die Koalition damit tut, sich auf grundsätzliche Ziele zu einigen. Und er dürfte die allgemeine Gereiztheit, die unter den drei Parteien herrscht, noch verstärkt haben. Bei SPD und Grünen ist man von FDP-Chef Christian Lindner schwer genervt. SPD-Fraktionschef Mützenich warf ihm vor, beim Haushalt habe der Kanzler sehr viel vom Job des Finanzministers übernehmen müssen. Nach der Einigung herrscht zwar erstmal Erleichterung. Am besten war die Stimmung bei der FDP, dann folgten die Grünen – in der SPD gibt es noch die meisten Fragen. Bis der nächste Konflikt kommt, dürfte es nur noch eine Frage der Zeit sein.
Wie geht es weiter mit dem Haushalt?
Die am Freitag vorgestellte Einigung muss nun Posten für Posten aufgestellt werden. „Wir werden diese Details wie üblich ausarbeiten und vorstellen, wenn das Kabinett den Haushalt beschließen wird“, sagte Finanzminister Lindner. Dieser Beschluss soll am 17. Juli erfolgen. Dann geht es nach dem Ende der parlamentarischen Sommerpause im September weiter. Denn die Regierung bringt zwar den Entwurf ein, beschließen muss ihn aber der Bundestag. Dabei kommt es immer wieder zu kleineren Änderungen, die die Fraktionen durchsetzen. Traditionell verabschiedet der Bundestag den Haushalt dann final im Dezember.