15 Menschen starben bei Tim K.s Amoklauf im März 2009. K.s Vater will vor dem Landgericht Heilbronn erstreiten, dass die Psychiatrie Weinsberg einen Teil der noch ausstehenden Schadenersatzforderungen trägt. Foto: dpa

Am Dienstag beginnt der Prozess, den der Vater von Tim K., des Amokläufers von Winnenden, gegen die Psychiatrie Weinsberg anstrengt. Sein Argument: Die Betreuer seines Sohnes hätten erkennen müssen, welche Gefahr von diesem ausgehe.

Winnenden - Am Dienstag tritt der Vater von Tim K., des Amokläufers von Winnenden, als Kläger vor dem Landgericht Heilbronn auf. Er fordert, dass die Psychiatrie in Weinsberg Teile der millionenschweren Schadenersatzansprüche trägt, die in Folge des Amoklaufs vom 11. März 2009 aufgelaufen sind.

Ärzte und Therapeuten des Zentrums für Psychiatrie in Weinsberg bei Heilbronn hätten ihn nicht gewarnt, welche Gefahr von seinem dort behandelten Sohn ausging – so argumentiert Erik Silcher, der Anwalt des Vaters. Der 17-Jährige spätere Amokläufer war vor der Bluttat von Experten in Weinsberg begutachtet worden. Diese hätten erkennen müssen, was für eine Zeitbombe er mit seinen Tötungsfantasien war.

Klinik: Therapie wurde nie angetreten

Die Anwältin der Klinikexperten will nicht mal von einer echten Behandlung sprechen. Termine habe es ein halbes Jahr vor dem Amoklauf gegeben, eine Therapie sei nie angetreten worden – obwohl die Ärzte den Eltern zur Behandlung geraten hätten, argumentiert Monika Baumhackel.

Was genau die Fachleute den Eltern am Ende der Treffen geraten haben, wird im Mittelpunkt der Verhandlung vor dem Landgericht Heilbronn stehen. Rieten sie zu sozialen Kontakten? Oder rieten sie dem Vater sogar, seinen Sohn mit in den Schützenverein zu nehmen?

Wie der Amoklauf juristisch aufgearbeitet wurde

Tim K. hatte am 11. März 2009 an seiner einstigen Schule in Winnenden und auf der Flucht im nahe gelegenen Wendlingen 15 Menschen und sich selbst erschossen. Weil der 17-Jährige die Tatwaffe aus dem Kleiderschrank seines Vaters hatte, wurde der Sportschütze später wegen fahrlässiger Tötung in 15 Fällen zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Das Landgericht Stuttgart entschied zudem, dass er für Behandlungskosten von Opfern und Hinterbliebenen aufkommen muss. Der Vater argumentiert, er habe nichts mehr. Seine Firma habe er verkaufen müssen. Andere sagen, er habe sie in Sicherheit gebracht.

Ein Jahr und neun Monate Haft auf Bewährung lautete das erste Urteil des Landgerichts Stuttgart gegen den Vater. Sein Verteidiger entdeckte einen formalen Fehler, der ein zweites Verfahren nötig machte. Bei diesem gelang es dem Vater, seine Strafe um drei Monate zu senken. Seine erneute Revision blieb dann erfolglos.

Nach Ansicht von Opferanwalt Jens Rabe war die Verurteilung des Vaters im Strafprozess dennoch wegweisend für die Regelung der Geldforderungen gegen ihn. Ohne Prozess gab die Versicherung des ehemaligen Unternehmers rund zwei Millionen Euro. Rabe erinnert sich an „einen langen Kampf“. Das Gros seiner mehr als 30 Mandanten bekam dem Vernehmen nach Summen zwischen 20 000 und 25 000 Euro. Ansprüche der Stadt Winnenden beglich die Versicherung mit 400 000 Euro. Die letzte größere Summe, die noch aussteht, sind Forderungen der Unfallkasse für Heilbehandlungen von Schülern, Eltern und Lehrern. Knapp eine Million Euro steht im Raum.

Erst vor wenigen Tagen war am Jahrestag des Amoklaufs mit einer Gedenkfeier der Opfer gedacht worden.