Im zweiten Prozess um den Amoklauf von Winnenden hat eine Nachhilfelehrerin den Täter rückblickend als „abgrundtief verzweifelt“ bezeichnet. Foto: dpa

Im zweiten Prozess um den Amoklauf von Winnenden hat eine Nachhilfelehrerin den Täter rückblickend als „abgrundtief verzweifelt“ bezeichnet.

Stuttgart - Im zweiten Prozess um den Amoklauf von Winnenden hat eine Nachhilfelehrerin den Täter rückblickend als „abgrundtief verzweifelt“ bezeichnet. Die heute 58-Jährige, die Tim K. mehr als vier Jahre lang in Englisch und Deutsch unterrichtet hatte, sagte am Freitag vor dem Stuttgarter Landgericht, der Jugendliche habe massiv unter einer schweren Krankheit seiner Mutter und unter Versagensängsten gelitten. Die Verzweiflung erkläre sich ihr heute aus einzelnen Puzzleteilen, etwa, dass er Unterlagen für ein Referat vor ihren Augen zerrissen habe.

Vor der Tat hätten ihre Alarmglocken bei seinen Schilderungen jedoch nicht geschrillt. So habe er sich etwa von Lehrern falsch beurteilt gefühlt und darunter gelitten, dass ihn Schulkameradinnen wegen seiner Brille und seinen Koteletten verlacht hätten. „Das sind Dinge, wie sie an jeder Schule tagtäglich vorkommen.“

Ein leitender Ermittler gab darüber hinaus Chatprotokolle von der Schwester des Amokläufers wieder. Darin schrieb sie, dass ihr Bruder ein „Freak“ sei, keine Freunde habe und unter Depressionen leide. Auch bezeichnete das Mädchen ihren Vater als aggressiv. Die Mutter habe in der Vernehmung des Ermittlers gesagt, sie habe vor der Tat nichts von einem Hass ihres Sohnes auf die Welt gewusst, wie es aus Krankenakten der Psychiatrie in Weinsberg hervorgehe.

Der Vater von Tim K. muss sich in dem Verfahren unter anderem wegen fahrlässiger Tötung verantworten. Er hatte die Waffe unverschlossen im Schlafzimmer aufbewahrt, mit der im März 2009 sein Sohn 15 Menschen und sich selbst erschoss. Der Bundesgerichtshof hatte ein erstes Urteil wegen Verfahrensfehlern kassiert.