Seit Mitte November steht der Vater von Tim K., dem Amokläufer von Winnenden und Wendlingen, erneut vor dem Stuttgarter Landgericht. Foto: dpa/Archivbild

Der Rechtsbeistand der Schlüsselzeugin sagte am Montag vor dem Stuttgarter Landgericht, seine Mandantin werde "zu ihrem eigenen Schutz" keine weiteren Angaben machen.

Stuttgart - Eine Schlüsselzeugin im neuen Prozess um den Amoklauf von Winnenden hat am Montag vor dem Stuttgarter Landgericht weitere Angaben verweigert. Die Kammer billigte der 50 Jahre alten Familienbetreuerin ein Auskunftsverweigerungsrecht zu, weil sie sich nach mehreren Widersprüchen im ersten Verfahren mit der neuen Aussage strafbar machen könnte. Staatsanwaltschaft und Nebenklage hoffen nun, dass Notizen der Zeugin über Gespräche mit der Familie des Amokschützens Aufschluss darüber geben, was die Eltern wussten.

Das Gericht hatte den Vater des Amokläufers im Februar 2011 unter anderem wegen fahrlässiger Tötung zu 21 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Der heute 53-jährige Sportschütze hatte die Pistole unverschlossen aufbewahrt, mit der sein Sohn bei dem Amoklauf am 11. März 2009 in Winnenden (Rems-Murr-Kreis) und Wendlingen (Kreis Esslingen) 15 Menschen und sich selbst tötete. Weil die Verteidigung damals keine Gelegenheit hatte, die Familienbetreuerin zu befragen, musste das Verfahren neu aufgerollt werden.

Im ersten Prozess schon viel Hin und Her

Die 50-jährige Zeugin hatte am Freitag zunächst eine traumatische Belastungsstörung angeführt und mit dieser mehrere Gedächtnislücken begründet. Im ersten Verfahren war sie vor allem durch ihr Hin und Her aufgefallen. So hatte sie zuerst ausgesagt, dass der Angeklagte über eine psychiatrische Klinik von Tötungsfantasien seines Sohnes erfahren habe. Dies widerrief die Zeugin später, um es schließlich doch zu bekräftigen. Damals leitete die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Strafvereitelung gegen sie ein, das später eingestellt wurde.

Der Rechtsbeistand der 50-Jährigen wies am Montag auf die Zwickmühle hin, in der die Mitarbeiterin der Johanniter-Unfallhilfe stecke. Sie werde von allen Seiten „öffentlich der Lüge bezichtigt“ und müsse befürchten, mit einem neuen Ermittlungsverfahren überzogen zu werden. Der Vorsitzende Richter legte der Zeugin nahe, dass sie bei der heiklen Frage von ihrem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch machen könne. Schließlich sagte sie: „Ich mache keine Angaben dazu.“

Die Hoffnung der Hinterbliebenen ruht nun auf mehreren Ordnern mit Unterlagen, die im Rahmen des Ermittlungsverfahrens bei der Frau beschlagnahmt worden waren. Darunter sollen sich auch Notizen über Gespräche der Betreuerin mit der Familie des Amokläufers befinden. Die heute 50-Jährige hatte die Angehörigen des Täters nach dem Amoklauf mehrere Wochen lang begleitet.