Die Tatwaffe von Tim K. Foto: AP

Im Prozess gegen den Vater des Amokläufers Tim K. wollen 29 Angehörige als Nebenkläger auftreten

Stuttgart - Das Landgericht Stuttgart will endlich Nägel mit Köpfen machen. Die Richter der 18. Strafkammer haben den 16.September dieses Jahres als Wunschtermin für den Beginn des sogenannten Amoklauf-Prozesses genannt. Laut Planung soll dienstags und donnerstags verhandelt werden. Die benötigte Zahl der Prozesstage ist noch nicht absehbar. Jetzt muss die Terminplanung noch mit den Anwälten abgestimmt werden.

Das Landgericht wird mit einem massiven logistischen Problem zu kämpfen haben. Bis dato haben sich 29 Hinterbliebene und Geschädigte des Amoklaufs von Winnenden und Wendlingen dafür entschieden, als Nebenkläger in dem mit Spannung erwarteten Prozess aufzutreten. Diese Zahl droht allerdings die räumlichen Kapazitäten des Landgerichts zu sprengen.

Bisher wurde gemutmaßt, man könne ob der hohen Zahl der Verfahrensbeteiligten ins Mehrzweckgerichtsgebäude des Oberlandesgerichts (OLG) nach Stammheim ausweichen. Diese Hoffnung hat sich zerschlagen. "Stammheim steht nicht zur Verfügung", heißt es.

Auch Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung möglich

Da ist zum einen der Mammutprozess gegen 21 mutmaßliche Mitglieder der Jugendgruppe Black Jackets, gegen die in Stammheim voraussichtlich bis Dezember wegen versuchten Mordes verhandelt wird. Der zweite Prozess in Stammheim läuft derzeit gegen zwei Männer, die der linksextremen türkischen Untergrundorganisation Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C) angehören sollen. Ein Ende dieses Verfahrens ist nicht absehbar.

Zudem gilt es als wahrscheinlich, dass der Prozess gegen das frühere RAF-Mitglied Verena Becker im OLG-Mehrzweckgebäude stattfinden wird. Es geht dabei um ihre mögliche Beteiligung am Mordanschlag auf Generalbundesanwalt Siegfried Buback im Jahr 1977. Auch der Prozess gegen einen Mann, der in Ruanda als Hutu-Milizionär an Kriegsverbrechen beteiligt gewesen sein soll, wird 2010 in Stammheim erwartet. Es gibt innerhalb der Justiz aber auch atmosphärische Bedenken: "Den Prozess gegen den Vater des Amokläufers ausgerechnet in Stammheim verhandeln? Bitte nicht", heißt es hinter vorgehaltener Hand.

Also muss das Landgericht versuchen, die Prozessbeteiligten im größten Saal an der Olgastraße, dem Saal 1, unterzubringen. Allein Rechtsanwalt Jens Rabe und seine Kollegen Bernd Kiefer und Markus Bessler vertreten mehr als 20 Mandanten in der Nebenklage: Hinterbliebene der Opfer, verletzte Schulkinder und deren Eltern.

Dem Vater des 17-jährigen Tim K., der im März 2009 in Winnenden und Wendlingen 15 Menschen erschossen und 13 Menschen schwer verletzt hatte, ehe er sich das Leben nahm, wird ein Verstoß gegen das Waffengesetz vorgeworfen. Darauf hat die 3. Strafkammer des Landgericht die Anklage beschränkt. Diese Tatsache hindert die Richter der jetzt zuständigen 18. Strafkammer allerdings nicht, trotzdem auch wegen fahrlässiger Tötung zu verhandeln. Grundlage dafür ist, dass der 51-Jährige, mit dessen Waffe sein Sohn geschossen hatte, beide Vorwürfe tateinheitlich verwirklicht haben soll. Der Vorsitzende Richter kann während des Prozesses den rechtlichen Hinweis geben, dass auch eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung infrage komme.