Nach dem Amoklauf in Heidelberg ist die Stadt im Ausnahmezustand Foto: AFP/DANIEL ROLAND

„Der heutige Tag ist ein fürchterlicher für uns alle“, schreibt Heidelbergs Oberbürgermeister. Ein Amoklauf erschüttert die Stadt – eine junge Frau stirbt, drei Menschen sind verletzt.

Heidelberg - Mitten in der Vorlesung fallen Schüsse. Mit einem Gewehr soll ein Mann auf die Studierenden der Universität Heidelberg losgegangen sein. Ein Opfer überlebt die Schussverletzungen am Montag nicht, drei Menschen werden verletzt.

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Kurz nach dem Amoklauf grenzen rot-weiße Absperrbänder auf dem riesigen Universitätsgelände den Tatort ab, die Polizei kontrolliert die Zufahrten. In der Luft ist ein Polizeihubschrauber, unweit kreuzt ein Patrouillenboot der Wasserschutzpolizei auf dem Fluss. Am rechten Ufer wirkt der Touristenmagnet Heidelberg, die weltberühmte Barockperle am Neckar, an diesem sonnigen Januartag wie im Ausnahmezustand.

In Hörsaal um sich geschossen

„Den Ermittlungen zufolge ist der Täter kurz vor halb eins in den Hörsaal gekommen und hat um sich geschossen“, sagt ein Polizeisprecher. Die Einsatzkräfte seien durch einen Anruf alarmiert worden. „Der Täter ist geflüchtet und hat sich selbst gerichtet.“ Details lägen noch nicht vor – etwa, ob der Täter mögliche Hinweise auf das Verbrechen hinterlassen hat.

Auf dem labyrinthartigen Gelände habe ein Spezialeinsatzkommando nach einem möglichen zweiten Täter gesucht, teilte die Polizei mit. Gegen 15.15 Uhr dann die Entwarnung: Der Mann sei ein Einzeltäter gewesen. „Derzeit ist keine Gefahrenlage mehr gegeben.“

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Ermittler überprüfen Wohnung

Die Ermittler überprüfen nun „alle Hinwendungsorte“ – sprich: seine Wohnung. Welche Motive der Täter hatte, ob er legal Waffen besessen hat – all das kann die Polizei zunächst nicht beantworten. Nach dpa-Informationen aus Sicherheitskreisen war der Mann selbst Student. Er soll demnach keine politischen oder religiösen Motive gehabt haben.

„Wir sind unendlich schockiert. Das ist eine Katastrophe, die sich allem Denkbaren zwischen Vorlesungen, Klausuren und Unileben entzieht“, sagte Peter Abelmann, Vorsitzender der Verfassten Studierendenschaft.

„Zuerst haben wir das gar nicht geglaubt, was da über Telegram und Whatsapp rein kam“, erzählt der 32-Jährige, der am benachbarten Campus Bergheim Soziologie, Philosophie und Kunstgeschichte studiert. Doch die Helikopter in der Luft hätten dann keinen Zweifel gelassen - etwas Schlimmes war passiert. Einige Studenten seien nach Hause gegangen, andere wie er selbst seien wegen der unklaren Situation in den Räumen geblieben. Ohnehin seien die Busse nicht mehr gefahren.

In Klinik Notfallprotokoll ausgelöst

Eine Mitarbeiterin des Uniklinikums war gerade auf dem Weg in die Mittagspause. „Eigentlich wollte ich nur kurz zum Bäcker, da sind mir schon richtig viele Streifenwagen entgegengekommen. Im Zehn-Sekunden-Takt. Da dachte ich mir, dass irgendwas passiert sein muss.“ In der Klinik sei eine Art Notfallprotokoll ausgelöst worden, alle Türen seien verriegelt worden.

„So etwas im ruhigen Heidelberg“, sagt eine Frau, die am Nachmittag mit anderen Angestellten der Universität unweit der Polizisten steht. „Man kennt das ja nur aus dem Fernsehen.“ Ihre Begleiterin schüttelt den Kopf. „Erst vor ein paar Jahren ist ein Mann hier in Heidelberg mit dem Auto Amok gefahren und hat einen Mann getötet“, sagt sie. „Alle waren schockiert. Das hier ist genauso schlimm.“

Fassungslosigkeit auch bei Oberbürgermeister

Fassungslosigkeit auch bei Heidelbergs Oberbürgermeister Eckart Würzner. „Der heutige Tag ist ein fürchterlicher für uns alle“, schreibt der parteilose Politiker auf Facebook.

Baden-Württembergs Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) besuchte am Nachmittag den Tatort. „Ich bin entsetzt. Es lässt einen sprachlos zurück, wenn unschuldige junge Menschen im Hochschulbetrieb so etwas erleben müssen.“