Nach dem missglückten Putsch in der Türkei sind tausende Menschen inhaftiert worden. Foto: Getty Images Europe

Nach dem gescheiterten Militärputsch in der Türkei sind Gefangene nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Amnesty International gefoltert worden. Die Menschenrechtsorganisation spricht von „glaubhaften Beweisen“.

London/Istanbul - Amnesty International hat nach eigenen Angaben „glaubwürdige Hinweise“ auf Misshandlungen und sogar Folter von festgenommenen Verdächtigen in der Türkei. Die Menschenrechtsorganisation forderte die Türkei am Sonntag auf, unabhängigen Beobachtern Zugang zu allen Einrichtungen zu gewähren, in denen die mehr als 13 000 Verdächtigen festgehalten würden. Aus der türkischen Regierung wurden die Vorwürfe vehement zurückgewiesen.

„Die Idee, dass die Türkei, ein Land, dass nach der Mitgliedschaft in der EU strebt, das Gesetz nicht respektiert, ist absurd“, sagte ein hochrangiger Regierungsvertreter. „Wir weisen die Vorwürfe kategorisch zurück und ermutigen Lobbygruppen zu einer unparteiischen Darstellung der rechtlichen Schritte, die gegen Menschen ergriffen werden, die fast 250 Zivilisten kaltblütig ermordet haben.“ Erst am Samstag seien 1200 Soldaten aus dem Polizeigewahrsam entlassen worden.

Amnesty kritisiert Dekret

Der Europa-Direktor von Amnesty International, John Dalhuisen, sagte einer Mitteilung zufolge: „Berichte von Misshandlungen inklusive Schlägen und Vergewaltigung in Polizeigewahrsam sind extrem alarmierend.“ Die Regierung müsse diese „abscheulichen Praktiken“ sofort stoppen.

Amnesty kritisierte auch das am Samstag erlassene Dekret von Präsident Recep Tayyip Erdogan. Der erste Erlass unter dem am Donnerstag verhängten Ausnahmezustand erlaubt unter anderem, dass Behördenvertreter bei Treffen von Verdächtigen und Anwälten anwesend sein und dabei Ton- oder Videoaufnahmen machen dürfen. Dokumente, die zwischen Festgenommenen und Anwälten ausgetauscht werden, können beschlagnahmt werden. Amnesty bemängelte, damit werde das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren unterlaufen.