Neben den Rettungsdiensten vom Roten Kreuz oder beispielsweise den Maltesern gibt es auch private Krankentransportdienste. Foto: dpa

Das Arbeitsgericht in Ludwigsburg verhandelt zwei Fälle von fristlosen Kündigungen bei dem privaten Krankentransport- und Rettungsdienst Ambulanzengel. Es geht um hunderte unbezahlte Überstunden, aber auch darum, dass die Mitarbeiter Missstände an die Presse weitergereicht haben sollen.

Ludwigsburg - Am Ende wird es dem Richter des Arbeitsgerichts Stuttgarts an der Kammer Ludwigsburg zu viel. Sichtlich genervt vom Gefeilsche der Parteien rät er dazu, nun endlich den Vergleich zu schließen. Zwei Mal eine Viertelstunde hätte der Termin laut Planung dauern sollen, am Ende werden knapp zwei Stunden draus. „Ich hoffe, dass das zur Befriedung beigetragen hat“, sagt der Richter am Ende, als einer der beiden Fälle tatsächlich abgeschlossen werden kann.

Worum geht es bei der Verhandlung? Zwei ehemalige Mitarbeiter des privaten Krankentransportdienstes Ambulanzengel haben gegen ihre fristlose Kündigung geklagt. Das Remsecker Unternehmen sieht sich derzeit massiven Vorwürfen über gravierende Missstände im Betrieb ausgesetzt. So berichten ehemalige Mitarbeiter von Krankenwagen, die ohne gültige Tüv-Plakette unterwegs gewesen seien, von Minderjährigen, die im Nachtdienst eingesetzt würden und unqualifiziertem Personal in den Einsatzfahrzeugen. Die Stadt Stuttgart sowie der Rems-Murr-Kreis gehen derzeit den Vorwürfen nach. In diesen Gebieten darf die Firma Krankenfahrten durchführen.

Richter: Fristlose Kündigung war nicht gerechtfertigt

In dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht gegen einen ehemaligen Mitarbeiter musste nun geklärt werden, ob dessen fristlose Kündigung rechtmäßig war. Die Leitung warf ihm Unterschlagung vor, da er bei einem Auslandseinsatz eine Kreditkarte des Unternehmens für private Einkäufe genutzt hatte. Den Ausschlag für die Kündigung gab dann die Tatsache, dass er bei einem Konkurrenzbetrieb nebenberuflich Sanitätsdienste verrichtete. Da der Ex-Mitarbeiter in beiden Fällen jedoch die Leitung informiert hatte, ging der Richter davon aus, dass die fristlose Kündigung nicht gerechtfertigt war. Die Absicht, die Firma zu schädigen, sei nicht nachweisbar.

Der Anwalt der Geschäftsführerin schlug dann einen Vergleich vor: Aus der fristlosen Kündigung werde eine fristgerechte ohne Verschulden des Arbeitnehmers. Er bekomme ein gutes Arbeitszeugnis sowie seine Urlaubstage und Überstunden – immerhin 16 Tage und knapp 400 Stunden – ausbezahlt. Zusätzlich zu seinem noch ausstehenden Gehalt bekam der Mann 2500 Euro zugesprochen. Er verpflichtete sich im Gegenzug jedoch zu einer Stillschweigevereinbarung: In Zukunft soll er sich nicht mehr mit negativen Interna über seinen ehemaligen Arbeitgeber äußern dürfen. Den Richter brachte der Feilsch-Versuch der Unternehmensleiterinin Rage, der Ex-Mitarbeiter möge sich doch an Kosten einer Fortbildung beteiligen, die er lange vor seiner Kündigung gemacht hatte – sonst bekomme er das Zertifikat dafür nicht ausgehändigt.

Chefin unterstellt Ex-Mitarbeiterin Verhältnis mit ihrem Mann

Im zweiten Verhandlungsfall konnten sich die Beteiligten nicht einigen. Auch hier war die Mitarbeiterin fristlos entlassen worden, nachdem herausgekommen war, dass sie nebenberuflich für die Konkurrenz arbeitete. Die Mitarbeiterin begründete dies damit, dass sie auf das Geld angewiesen war, da ihr von den Ambulanzengeln Überstunden nicht ausbezahlt worden waren. Sie machte einen Anspruch von 589 Überstunden geltend, die sie aber während der Verhandlung nicht nachweisbar darlegen konnte.

Die Parteien vertagten sich daher auf einen zweiten Termin Mitte Dezember. Zuvor wurde offenbar, wie tief das Zerwürfnis der beiden Frauen ist: Die Ambulanzengel-Chefin erklärte, die ehemalige Mitarbeiterin streue „haltlose Behauptungen in der Presse“. Zudem behaupte sie, sie habe eine Affäre mit ihrem Mann gehabt. Beides solle sie unterlassen, um eine gütliche Einigung doch noch zu ermöglichen, warnte der Anwalt der Chefin.