Die Messstelle am Stuttgarter Neckartor. Foto: dpa

Die Autoindustrie liefert mit ihrer Studie neue Argumente für ein Fahrverbot. Die Gerichte legen einen solchen Schritt nahe – doch sie verlangen dabei zu Recht auch Augenmaß, meint StN-Autor Klaus Köster.

Stuttgart - Eines kann man den Konzernen Daimler und Bosch angesichts der Studie über die voraussichtliche Entwicklung der Stickoxidwerte am Stuttgarter Neckartor nicht vorwerfen: mit Informationen zu arbeiten, die sie allein nach deren Nützlichkeit für sich selbst auswählen. Denn sie haben dafür nicht nur eine aufwendige Studie in Auftrag gegeben, sondern auch einen breit zusammengesetzten wissenschaftlichen Beirat beauftragt. Und obwohl die Ergebnisse ihnen kaum gefallen können, präsentierten sie die Studie der Landesregierung und liefern Verkehrsminister Winfried Hermann damit reichlich Gründe, mit denen er seinen Kampf für Fahrverbote intensivieren kann.

Falls die Wissenschaftler recht haben, lassen sich die Vorgaben der EU, auf deren Einhaltung inzwischen auch die deutschen Verwaltungsgerichte dringen, wenn überhaupt, nur noch mit Fahrverboten einhalten. Denn ohne solche Schritte lägen die Werte bis 2020 demnach bei 62 Mikrogramm.

Sind die Autofahrer wirklich arrogant?

Für viele Bürger wäre ein Fahrverbot ein Desaster, das es – wenn irgend möglich – zu vermeiden oder klein zu halten gilt. Dass Verkehrsminister Hermann kürzlich bereits großflächige, ganzjährige Fahrverbote für das gesamte Stadtgebiet angekündigt hat, spricht aber eher dafür, dass er groß denkt und Fakten schaffen will. Die Dummen sind dabei Hunderttausende Bürger. Wie bürgerfern Umweltpolitik werden kann, zeigte Hermann mit seiner jüngsten Äußerung, die Autofahrer sollten „nicht immer so arrogant sein und so tun, als wären sie die letzten Melkkühe“. Hermann beruft sich zu Recht auf die Gerichtsurteile, die Fahrverbote nahelegen. Ob er auch das vom obersten Verwaltungsgericht ebenfalls verlangte Augenmaß an den Tag legt, kann man durchaus bezweifeln.

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