Ein Freund der Currywurst: Altbundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) im Jahr 2007 mit dem damaligen SPD-Fraktionsvorsitzenden Peter Struck. Foto: imago/photothek/Thomas Koeh ler

Dass eine Volkswagen-Kantine künftig kein Fleisch mehr anbietet, gefällt nicht jedem. Altkanzler Schröder sieht die VW-Currywurst in Gefahr.

Wolfsburg - Wenn es um die Currywurst geht, hört bei Altbundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) der Spaß auf. Am Dienstag meldete sich der Wurstfan im sozialen Netzwerk Linkedin unter dem Hashtag „#rettetdieCurrywurst“ zu Wort, um gegen eine in seinen Augen unmögliche Entscheidung zu protestieren: Das Ende der Currywurst in einer Betriebskantine des Autobauers VW. „Wenn ich noch im Aufsichtsrat von #VW säße, hätte es so etwas nicht gegeben“, polterte der 77-Jährige. Unter dem Beitrag entbrannte eine Diskussion mit mehr als 2200 Kommentaren. Was war passiert?

Gesünder Essen in der Kantine

Am Montag war bekannt geworden, dass die VW-Kantine im Wolfsburger Markenhochhaus bald nur noch vegetarische und vegane Gerichte anbietet. Der Vorstandsvorsitzende Herbert Diess lobte: „Ein immenser Fortschritt, viel zeitgemäßer“. Gesünderes Essen in den VW-Kantinen sei ihm ein persönliches Anliegen. Doch damit fällt die traditionsreiche VW-Currywurst vom Speiseplan, von denen die hauseigene Fleischerei 2019 nach Konzernangaben rund sieben Millionen Stück herstellte.

Schröder, der in seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident in den 90er Jahren im VW-Aufsichtsrat saß, stößt das sauer auf: „Vegetarische Ernährung ist gut, ich selbst mache das phasenweise auch. Aber grundsätzlich keine Currywurst? Nein!“ Schröder ist sich sicher: „Currywurst mit Pommes ist einer der Kraftriegel der Facharbeiterin und des Facharbeiters in der Produktion. Das soll so bleiben.“

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In einer internen Ankündigung von VW heißt es zur Begründung, dass sich viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vegetarische und vegane Alternativen wünschten. Weniger Fleischkonsum belaste außerdem weniger die Umwelt und helfe so beim Thema Nachhaltigkeit. Auf Nachfrage bemüht sich Betriebsratssprecher Heiko Lossie, die Wogen zu glätten: „Es gibt überhaupt keinen Grund, sich um den Klassiker VW-Currywurst Sorgen zu machen.“

Die Kantine im Markenhochhaus sei nur eine von zahlreichen Betriebsrestaurants und Bistros am VW-Stammwerk Wolfsburg. Fleisch gibt es weiterhin, beispielsweise in einer zweiten Kantine auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Die Markenhochhaus-Kantine hingegen trägt laut Lossie nun „neuen Wünschen der Kundschaft“ Rechnung. Eines der VW-Betriebsrestaurants in Hannover ist bereits seit einiger Zeit „fleischfreie Zone“, was laut Lossie bei den Angestellten gut ankomme.

Ungesund und schlecht fürs Klima?

Dass die Currywurst tatsächlich nicht mehr die unangefochtene Königin der Kantinenverpflegung ist, zeigte jüngst das Kantinenranking des Cateringunternehmens Apetito: 2020 war die Currywurst zum ersten Mal seit 28 Jahren nicht mehr auf Platz eins der beliebtesten Essen. Auch laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung folgt die VW-Kantine einem Trend.

Die Umstellung sei ein „positives Signal“, erklärt eine Sprecherin. Denn: „Nachweislich isst die Bevölkerung in Deutschland zu viel Fleisch und Fleischprodukte, als aus Sicht der Nachhaltigkeit und Gesundheitsförderung sinnvoll ist.“ Doch sie beruhigt zugleich: Es spreche ernährungswissenschaftlich nichts gegen eine gelegentliche Currywurst mit Pommes – bei ausreichender Bewegung und ausgewogener Ernährung.