Die Patientenverfügung greift erst, wenn man wirklich im Sterben liegt und der baldige Tod unausweichlich ist. Foto: dpa

Wer sicher sein will, dass in seinem Sinn gehandelt wird, wenn er selbst nicht mehr entscheiden kann, sollte Vorbereitungen treffen. Eine Vorsorgevollmacht allein reicht nicht aus, der zweite Schritt ist die Patientenverfügung, erfährt die Autorin Alexandra Kratz im Gespräch mit dem Stadtseniorenrat Möhringen.

Filder - Bei einer Sprechstunde des Stadtseniorenrats habe ich mich über die Themen Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht informiert. Letztere ist der erste Baustein, wenn ich sicher gehen will, dass in meinem Sinne gehandelt wird, wenn ich selbst nicht mehr entscheiden kann. Ich habe eine Person meines Vertrauens bestimmt, die für mich im Falle eines Falles entscheiden soll. Wenn ich selbst nicht mehr dazu in der Lage bin, darf diese Person mich zum Beispiel bei Versicherungen vertreten, in meinem Namen einen Vertrag fürs Pflegeheim abschließen und mein Vermögen verwalten.

In der Vorsorgevollmacht gibt es auch einen Bereich zum Thema Gesundheitssorge/Pflegebedürftigkeit. Damit habe ich meine Vertrauensperson auch ermächtigt, an meiner Stelle zu entscheiden, ob und wie ich behandelt und gepflegt werden will, und zwar unter Beachtung meiner Patientenverfügung. Die muss ich aber erst noch ausfüllen.

Gesetzliche Grundlagen

Mein Recht, selbst über Fragen der ärztlichen Behandlung und Pflege zu bestimmen, ist im Grundgesetz verankert. Nach Paragraf 1901 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) kann ich dieses Selbstbestimmungsrecht auch im Voraus ausüben – für den Fall, dass ich nach einem Unfall oder Schlaganfall oder wegen einer Demenzerkrankung nicht mehr sagen kann, was ich will und was nicht.

Entlastung für Angehörige

Niemand ist dazu verpflichtet, eine Patientenverfügung auszufüllen. „Aber für die Angehörigen, die im Zweifel für einen entscheiden müssen, ist sie eine enorme Entlastung“, sagt Karin Hofherr. Sie ist Delegierte des Stadtseniorenrats und bietet regelmäßig Sprechstunden an. Der Stadtseniorenrat rät dazu, nicht nur das vorgefertigte Formular auszufüllen, sondern zusätzlich eine individuelle Patientenverfügung zu verfassen. „Lassen Sie erkennen, dass Sie sich mit dem eigenen Sterben und den medizinischen Möglichkeiten, das Leben zu verlängern, auseinandergesetzt haben“, heißt es im Informationsteil zum Vordruck des Stadtseniorenrats. Zudem rät mir Karin Hofherr, mich von einer fachlich kompetenten Person beraten zu lassen. So könne ich meine Patientenverfügung zum Beispiel mit meiner Hausärztin besprechen. Vorgeschrieben sei das aber nicht.

Darüber hinaus kann ich in meiner Patientenverfügung eine Vertrauensperson benennen. Mit dieser sollte ich meine Verfügung dann aber auch vorher besprechen. Das Ziel ist es, dass meine Vertrauensperson ergänzend über meine Vorstellungen und Wünsche bezüglich einer ärztlichen Behandlung Auskunft geben kann. Zur Durchsetzung meiner Patientenverfügung empfiehlt der Stadtseniorenrat, meiner Vertrauensperson eine Vollmacht zu erteilen. Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht gehen also Hand in Hand. Gut, dass ich das schon erledigt habe.

Menschenwürdigkeit ist das A und O

Wichtig ist es zu wissen, dass wer eine Patientenverfügung hat, nicht generell auf eine ärztliche Behandlung verzichtet. Sie greift nur, wenn ich wegen Krankheit oder wegen eines Unfalls meine Urteils- und Entscheidungsfähigkeit verloren habe und ich unabwendbar und unmittelbar im Sterben liege. Selbstverständlich ist, dass jedem bis zuletzt eine menschenwürdige Unterbringung, fachgerechte medizinische Versorgung und Pflege gebührt. Darum ist das auch der erste Punkt im vom Stadtseniorenrat vorgefertigten Formular für eine Patientenverfügung.

Dann kann ich entscheiden: Möchte ich künstlich ernährt werden? Möchte ich künstlich beatmet werden? Möchte ich wiederbelebt werden? Das sind nur drei von vielen Punkten, die in dem Papier aufgeführt werden. Darüber hinaus gibt es einen Passus zum Thema Organspende. Wer jedoch Organe nach der Feststellung seines Hirntods spenden will, braucht zusätzlich einen Organspendeausweis.

Vertrauensperson setzt Willen durch

Wenn eines Tages eine in der Patientenverfügung beschriebene Situation eintritt und ich selbst nicht entscheiden kann, dann ist es die Aufgabe der von mir bevollmächtigten Person, meine Patientenverfügung durchzusetzen, sie also dem Arzt mitzuteilen. Ergibt sich aus meiner Patientenverfügung eindeutig, dass ich in einer bestimmten Situation eine bestimmte ärztliche Behandlung nicht möchte, dann bespricht meine Vertrauenspersonen diesen Willen mit dem Arzt. Stimmen der Arzt und mein Bevollmächtigter überein, dass mein in der Patientenverfügung schriftlich verfasster Wille auf die aktuelle Behandlungssituation zutrifft, wird zum Beispiel eine lebensverlängernde Maßnahme gar nicht erst eingeleitet. Können sich der Bevollmächtigte und der Arzt jedoch nicht einigen, ob meine Patientenverfügung auf die aktuelle Behandlungssituation zutrifft, muss zusätzlich das Betreuungsgericht angerufen werden.