Die Landesregierung will die Altersgrenze für Bürgermeister erhöhen. Foto: dpa

Die Gesellschaft wird immer älter. Aber wie alt dürfen eigentlich Bürgermeister sein? Bisher lag die Altersgrenze für ihre Wählbarkeit bei 65 Jahren, nun wird sie auf 67 erhöht. Ob das was bringt?

Stuttgart - Kaum eine Woche vergeht, ohne dass irgendwo in Baden-Württemberg eine Bürgermeisterwahl ist. Nicht selten tritt der Amtsinhaber wieder an. Und selbst wenn es zwei Kandidaten gibt, lässt die Wahlbeteiligung mit 20, 30 oder 40 Prozent oftmals zu wünschen übrig – auch wenn der eine oder die Kandidaten in den Wochen zuvor viel Geld und Zeit investiert haben, um für sich zu werben. Mancher Bewerber verliert nach solchen Erfahrungen die Lust, es nochmals anderswo zu versuchen. Im Umkehrschluss dazu gibt es aber auch Oberbürgermeister und Bürgermeister, die ihr Amt so lieben und von den Bürgern so verehrt werden, dass sie liebend gerne mehrere Amtsperioden machen. Bisher aber, so sieht es das Gesetz vor, lag die Grenze für die Wählbarkeit bei maximal 65 Jahren, und bis höchstens 68 Jahren konnten sie im Amt bleiben.

Die Landesregierung will das nun ändern, und so einigten sich Vertreter von Grünen und SPD diese Woche auf eine Neuregelung. „Wir erhöhen die Altersgrenze für Oberbürgermeister und Bürgermeister auf 67 Jahre und geben ihnen die Möglichkeit, bis Vollendung des 73. Lebensjahres im Amt zu bleiben“, teilten die Fraktionschefs von Grünen und SPD, Edith Sitzmann und Claus Schmiedel, mit.

Gute, erfahrene und beliebte Bürgermeister sollten nicht ausscheiden müssen, nur weil sie die Altersgrenze von 68 erreicht haben, begründeten beide Fraktionschefs den Vorstoß. Das sei auch eine Reaktion auf die demografische Entwicklung, sagte Sitzmann. Die Verständigung stellt einen Kompromiss dar, denn die SPD wollte eine restriktivere Lösung, die Grünen eine liberalere. Man wolle „das Wissen und die Erfahrung der Bürgermeister im Sinne unserer starken Kommunen weiter bestmöglich einsetzen“, sagte Schmiedel zu der Lösung.

Die Regierungsfraktionen wollen auf dieser Basis nun rasch das Gespräch mit den kommunalen Spitzenverbänden suchen. Gemeindetags-Präsident Roger Kehle hält aber nichts von der grün-roten Linie. Das sei „ein fauler Kompromiss“, sinnvoller sei eine völlige Abschaffung der Altersgrenze. Vertreter der Koalition betonten am Mittwoch im Landtag, die Neuregelung habe nichts mit der Tatsache zu tun, dass damit eine Wiederwahl des Stuttgarter OB Fritz Kuhn (Grüne) möglich werde oder dass Ministerpräsident Winfried Kretschmann bereits 67 sei und man eine Diskussion vor der Landtagswahl vermeiden wolle, warum Oberbürgermeister und Bürgermeister in diesem Alter den Schreibtisch räumen müssen, Ministerpräsidenten aber nicht.

Doch genau eine solche „Lex Kretschmann“ oder „Lex Kuhn“ wittert die FDP. Landtagsfraktionschef Hans-Ulrich Rülke sagte: „Diese Neuregelung wird an der Geburtsurkunde des Ministerpräsidenten orientiert.“ Rülke brachte deshalb am Mittwoch einen Gesetzesentwurf ein, der die komplette Abschaffung der Altersgrenze vorsieht. Eine Begrenzung sei „antiquiert und bevormundet die Bürger“.

Vertreter von Grünen und SPD hingegen verteidigten den Weg als „Kompromiss“, mit dem „die Bürger ein größeres Maß an Freiheit erhalten würden“. Mit der angehobenen Altersgrenze hätten die Wähler bei der Wahl zum Bürgermeister mehr Freiraum. Auch Reinhold Gall, als Innenminister zuständig für das Thema, verteidigte die im Regierungslager gefundene Lösung. Bürgermeister zu sein sei „eine verantwortungsvolle Aufgabe mit komplexen Problemstellungen“. Da könnten die Bürger „selbst gut einschätzen, wem sie diese Aufgabe zutrauen“.