Ordentlich verkabelt: Beim Biofeedback werden körperliche Signale gemessen. In einem zweiten Schritt sollen Patienten lernen, diese zu beeinflussen. Foto: dpa

Alternative Heilmethoden liegen im Trend. Viele Patienten vertrauen auf die Kraft sanfter Medizin. In unserer Serie stellen wir Heilmethoden und Therapien der Welt vor.

Stuttgart - Blutdruck, Hirnströme, Puls, Temperatur: Viele dieser Vorgänge werden vom Körper unbewusst gesteuert. Der Mensch kann die vom Nervensystem geregelten Prozesse aber beeinflussen, wenn er sie kennt. Beim Biofeedback sollen Patienten lernen, bestimmte Körperfunktionen willentlich zu beeinflussen. Dies geschieht, indem mit Hilfe physiologischer Messungen eine Körperfunktion bewusst gemacht wird. Das Verfahren soll angeblich etliche Beschwerden lindern, ist allerdings technisch äußerst aufwendig.

Aufwändiges Verfahren

Ende der 1960er Jahre belohnte der amerikanische Forscher Neil Miller Ratten, wenn deren Pulsfrequenz stieg. Binnen Stunden lernten die Tiere ihre Herzfrequenz zu beschleunigen, um an die Guttis zu kommen. „Die Erkenntnis war damals sensationell“, sagt der Psychologieprofessor Winfried Rief von der Universität Marburg. „Veränderungen autonomer Prozesse sind erlernbar.“

Auf dieser Basis beruht auch das Biofeedback-Verfahren. Körperfunktionen wie Blutdruck, muskuläre Spannungen oder Pulsfrequenz werden mit Elektroden gemessen und als Töne oder optische Signale auf einem Bildschirm angezeigt. Mit Hilfe der direkten Rückmeldung soll der Patient lernen, aktiv in diese Prozesse einzugreifen – zuerst mit einem Gerät, später ohne technische Hilfe.

Breite Symptomatik

Biofeedback wird bei zahlreichen Beschwerden und Symptomen angewandt: Herz-Kreislauf-Erkrankungen (wie Bluthochdruck oder Herzrhythmusstörungen), Verspannungen, Zähneknirschen, Tinnitus, Rückenschmerzen, neurologischen Erkrankungen (wie Angststörungen, Phobien oder Panikattacken). „Die biologische Plausibilität ist offensichtlich“, ist Edzard Ernst, emeritierter Professor für Alternativmedizin und früherer Leiter des Lehrstuhls für Komplementärmedizin der englischen Universität Exeter, überzeugt. „Die Evidenz für Biofeedback ist sehr klar.“ Allerdings führe die Methode ein „Schattendasein“ im Medizinbetrieb.

Neben stationären Biofeedback-Geräten in Praxen oder Kliniken gibt es tragbare Geräte für Patienten. Ihnen verlangt die Therapie erheblichen Einsatz ab. „Biofeedback erfordert ein intensives Training“, sagt der Psychologe Jörg Heuser, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Biofeedback (DGBfb).

Vor allem bei Stress und Kopfschmerzen soll Biofeedback ein adäquates therapeutisches Verfahren sein. Rief hat die Studien zur Wirkung von Biofeedback bei Kopfschmerzen ausgewertet. Das Ergebnis seiner Untersuchungen: Biofeedback ist eine wirksame Methode im Rahmen der Psychotherapie und hat gegenüber medikamentösen Behandlungen den Vorteil, dass keine Nebenwirkungen zu erwarten sind.

Fazit: Hoher technischer Aufwand

Die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft empfiehlt Biofeedback – wegen des technischen Aufwands allerdings nur Patienten, denen einfachere Methoden wie Entspannungstechniken nicht helfen.

Biofeedback ist eine exotische Therapie. „Es gibt zu wenige Therapeuten“, bemängelt Rief. Da Biofeedback kein geschützter Begriff ist, kann jeder ein entsprechendes Gerät kaufen und alle Beschwerden behandeln –, egal ob das Verfahren dafür geeignet ist oder nicht. Die Qualität eines Anbieters können Patienten selbst kaum erkennen.