Eichhörnchen sind häufige Besucher auf Friedhöfen. Foto: dpa/Thomas Warnack

Eine Leserin beklagt den Kahlschlag auf dem Alten Friedhof in Stuttgart-Degerloch. Was bedeutet der für Tiere, und welche Strategie verfolgt das Gartenamt auf den Friedhöfen in der Stadt?

Degerloch - Die Vögel zwitschern in den Bäumen, ein Eichhörnchen huscht durch das Laub am Boden und klettert dann einen Stamm hinauf, um sich in Sicherhaut zu bringen. Auch Füchse sind hin und wieder unterwegs. Auf den Friedhöfen kreucht und fleucht es wie im heimischen Garten – besonders in den Randbereichen mit dichterem Unterholz.

Auf dem neuen Friedhof in Degerloch ist dieses jedoch vor Kurzem stark zurückgeschnitten worden. An einem Wochenende im Januar habe sie sich bei einem Besuch auf dem Friedhof noch über eine kleine Vogelpopulation in den kurze Zeit danach radikal umgemähten Büschen gefreut und einen Feldhasen ins Gebüsch verschwinden sehen. „Nun ist alles kahl, es wurden nur wenige Bäume stehen gelassen, vorher war es ein kleines Dickicht als Habitat für Kleintiere und Bodenbrüter“, schreibt eine Degerlocherin sowohl an unsere Zeitung als auch an das Stuttgarter Garten- und Friedhofsamt.

Der Wildwuchs habe keinen gestört. „Bestimmt auch keine Friedhofsbesucher, diese haben sich über die Tiere gefreut“, heißt es in der Mail. Gartenbesitzer seien aufgefordert, auf ihren Grundstücken unaufgeräumte Ecken zu belassen, Büsche nicht zu stutzen und Grünschnitt für Igel aufzutürmen. „Und das Garten- und Friedhofsamt lässt radikal ausräumen? Friedhöfe sind doch oft die letzten Refugien für diese Tiere, insbesondere für die sehr dezimierten Singvögel“, so die Kritik.

Kleinflächiges Roden sei Stand der Technik

Martin Thronberens von der Pressestelle der Stadt erklärt dazu: Der Neue Friedhof Degerloch sei auf drei Seiten von dichtem Gehölzbewuchs umgeben. Dieser bestehe vor allem aus Brombeere und Hartriegel. Etwa ein Siebtel der Fläche, rund 2000 Quadratmeter, seien nun ausgelichtet worden, so dass die vorhandenen Bäume wieder mehr Platz haben. Die Maßnahme sei ein Wunsch der Baumkontrolleure gewesen, um die Baumbestände auf deren Gesundheit und Standsicherheit überprüfen zu können. „Somit war die Maßnahme erforderlich, um die Verkehrssicherungspflicht erfüllen zu können“, stellt Thronberens klar.

Ein „kleinflächiges Roden“ sei dabei „Stand der Technik“, dies werde auch bei Gehölzbeständen in der freien Landschaft so gemacht. So würden kurz- bis mittelfristig freie Flächen entstehen, die eine Veränderung und Bereicherung des Lebensraumangebotes darstellen, sagt Thronberens. Im Gegensatz zu den Randbereichen, sei in den Grababteilungen eine erhöhte Pflegefrequenz zwingend einzuhalten. Dennoch gebe es auf jedem größeren Friedhof „wilde Ecken“ als Lebensraum für Pflanzen und Tiere.