Immer nur rote Tomaten? Wie langweilig. Wer seinen Garten und später auch seinen Salat mit knallig orangefarbenen oder auch lilafarbenen Tomaten zieren möchte, sollte zu alten Sorten greifen. Foto: fotolia

Immer nur rote Tomaten? Wie langweilig! Der Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt bietet Samen von alten und durchaus farbenfrohem Gemüse an. Die Pflanzenexpertin Ursula Reinhard stellt sechs Sorten und Arten vor, die Hobbygärtner leicht anpflanzen können.

Blattgemüse

Er ist ein wahrer Riese im Gemüsebeet – und dabei doch ganz zart. Der Baumspinat sprießt einen Meter hoch aus dem Boden und ist mit seinen zartgrünen und lilafarbenen Blattspreiten sehr hübsch anzusehen. Für die Pflanzenexpertin Ursula Reinhard vom Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt (VEN) bei Braunschweig ist der Baumspinat daher auch für Blumenfreunde geeignet. Doch vor allem aufgrund des feinen Geschmacks sollten Hobbygärtner das Spinatgemüse ausprobieren. „Im Gegensatz zum normalen Spinat, der nur im Frühjahr und im Herbst geerntet werden kann, wird der Baumspinat das ganze Jahr über geerntet“, sagt Ursula Reinhard. Darüber hinaus ist der Baumspinat sehr pflegeleicht: Lediglich auf genügend Pflanzabstand sollte beim Anbau geachtet werden. „Sonst gibt’s aufgrund der großen Pflanze im Beet ein Platzproblem.“

Kohlgemüse

Noch in den fünfziger Jahren gab es in fast jedem Garten eine Kohlsorte, die man auch heute in den besten Supermärkten nicht mehr findet: der ewige Kohl. Das ist eine Kohlart, die aus dem Rheinland stammt. An einem kräftigen Stängel wachsen Blätter, die zur Erntezeit gepflückt werden und die wieder am Stängel nachwachsen. „Der ewige Kohl ist eher ein Suppengemüse, denn für typische Kohlgerichte geeignet“, sagt Ursula Reinhard. Junge Blätter können aber auch Blattsalaten eine besondere Note verleihen. Da der Kohl nur über Stecklinge vermehrt werden kann, gibt es über den Verein VEN nur eine begrenzte Abgabe. „Einen allzu großen Ansturm können wir nicht bedienen.“

Tomaten

Immer nur rote Tomaten? Wie langweilig. Wer seinen Garten und später auch seinen Salat mit knallig orangefarbenen Tomaten zieren möchte, sollte zur Sorte Auriga greifen. „Sie neigt zu einer eher hochrunden Form und liefert eine gute Ernte“, sagt Ursula Reinhard. „Viele, die Auriga zum ersten Mal probieren, fühlen sich aufgrund des würzigen Aromas in ihre Kindheit zurückversetzt.“ Die alte Sorte ist übrigens auch für Balkonbesitzer geeignet, denn die Stabtomaten wachsen auch im Kübel.

Wer ein bisschen mehr Platz zur Verfügung hat, sollte eine der Wildtomaten probieren, die es ebenfalls bei den Saatgutanbietern des Vereins VEN gibt. Sie wachsen strauchartig am besten in einer halbschattigen Gartenecke. „Die Früchte werden zwar nur ein bis drei Zentimeter groß“, sagt Ursula Reinhard. Dafür ist ihr Geschmack umso ausgeprägter. Doch auch wenn sie noch so gut schmecken: „Aufgrund ihres Ertragreichtums kommt man gar nicht dazu, alle essen zu können“, sagt Reinhard. Das macht aber nichts: Dank der heruntergefallenen Tomaten wächst auch im nächsten Jahr ein Strauch heran.

Bohnen

Sie galten zu Großmutters Zeiten als der Geheimtipp: die Monstranzbohnen. Aufgrund ihrer außergewöhnlichen feinen rotbraunen Zeichnung wurden die weißen Trockenbohnen vor allem in Süddeutschland zur Fertigung von Rosenkränzen genutzt. „Die Zeichnung erinnert an eine Monstranz, ein Gefäß zur Aufbewahrung von Hostien“, sagt Ursula Reinhard. Die Pflanzenexpertin schätzt die Bohnensorte aber vor allem aus einem anderen Grund: „Die Kerne ergeben auch gekocht wunderbar schmackhafte Suppen.“ Monstranzbohnen sind Stangenbohnen. Sie wachsen an sonnigen Standorten und bevorzugen humosen, lockeren Boden.

Wurzelgemüse

Die Haferwurzel, auch unter dem Namen Weißwurzel bekannt, wird zwischen März und Mai ausgesät. Sie ist ertragreicher als die Schwarzwurzel, wird aber genauso angebaut. Sprich: Sie braucht einen tiefengelockerten humosen Boden. Die langen Wurzeln können den ganzen Winter über im Boden bleiben und frisch geerntet werden. „Die Haferwurzel ist eher ein Delikatessgemüse“, sagt Ursula Reinhard. Manchen, so die Pflanzenexpertin, erinnert der Geschmack an Austern.

Zwiebel

Längst sind die großen plattrunden Zwiebeln aus den Regalen der Supermärkte verschwunden. Aufgrund ihrer größeren Auflagefläche, die beim Lagern viel Platz wegnimmt, waren sie für die industrielle Landwirtschaft irgendwann nicht mehr geeignet. Beim VEN kann man Samen der alten Sorte, die etwa acht bis zehn Zentimeter große Zwiebeln bildet, noch bekommen. „Wir haben diese großen, dunkelroten, aber noch namenlosen Zwiebeln seit einem Jahr im Sortiment“, sagt Ursula Reinhard. Und sie kann sie aufgrund ihres würzigen Geschmacks nur empfehlen. Und vielleicht sieht man dann auch wieder vermehrt geflochtene Zwiebelzöpfe in den Küchen hängen – denn dafür ist diese Sorte ebenfalls gut geeignet.

Weitere Infos zu den Sorten und der Online-Saatgutliste gibt es im Netz, www.nutzpflanzenvielfalt.de. Die Expertin Ursula Reinhard hat über den Anbau alter Gemüsesorten auch ein Buch geschrieben: Alte Gemüseschätze. Es erscheint am 5. Februar im Kosmos-Verlag.