700 Millionen Mark hat der Bau des Kraftwerkblocks 1(links im Bild) einst gekostet. Jetzt wird die Anlage wegen mangelnder Rentabilität vom Netz genommen. Foto: Horst Rudel

Der Ofen ist aus. Weil sich das Kraftwerk nicht mehr wirtschaftlich betreiben lässt, will die EnBW den Block 1 des Heizkraftwerks Altbach/Deizisau stilllegen. Der Vorstandsbeschluss muss noch vom Aufsichtsrat bestätigt werden. Die 70 von der Stilllegung betroffenen Mitarbeiter sind am Freitag informiert worden.

Altbach/Deizsau - In ihrer Informationsbroschüre feiert der Betreiber, die EnBW Energie Baden-Württemberg AG, das Heizkraftwerk Altbach/Deizisau noch als den „modernsten Steinkohleblock Europas“. Jetzt ist der Ofen aus – zumindest im älteren der beiden Heizwerksblöcke. Der Vorstand der EnBW hat beschlossen, die Anlage aus wirtschaftlichen Gründen außer Betrieb zu nehmen.

Die am Freitag veröffentlichte Nachricht kam nicht sonderlich überraschend. „Der Block 1 hat schon länger unter verschärfter wirtschaftlicher Beobachtung gestanden“, sagt Rolf Seeger, der Produktionsleiter der EnBW-Kraftwerke. Obwohl sein technisches Lebensende erst im Jahr 2032 zu erwarten gewesen sei, habe die Kosten-Nutzen-Rechnung zuletzt nicht mehr gestimmt.

Damit arbeitet das Heizkraftwerk mit den beiden charakteristischen, 125 Meter hohen Schornsteinen künftig nur noch mit halber Kraft. Der neckaraufwärts gelegene, erst Ende der 1990er Jahre in Betrieb gegangene Block 2 ist, ebenso wie die beiden Gasturbinen der Anlage, von der Stilllegung nicht betroffen.

Keine betriebsbedingten Kündigungen

Die Belegschaft in Altbach ist am Freitagmorgen informiert worden. Einer Mitteilung des Unternehmens zufolge greift für die betroffenen 70 Mitarbeiter eine mit der Arbeitnehmervertretung schon in den Jahren 2013 und 2014 vereinbarte Beschäftigungssicherung. „Es gibt keine betriebsbedingten Kündigungen“, so die zentrale Botschaft von Wolfgang Sailer, dem Produktionsleiter vor Ort. Insgesamt arbeiten am Standort Altbach/Deizisau rund 200 Mitarbeiter für die EnBW.

Die Entscheidung, den Block außer Betrieb zu nehmen, muss noch vom EnBW-Aufsichtsrat absegnet werden. Das soll in einer Sitzung am 27. März geschehen. Anschließend wird die geplante Stilllegung bei der Bundesnetzagentur und dem zuständigen Übertragungsnetzbetreiber angezeigt. Binnen eines Jahres wird dort geprüft, ob die Anlage unter die Netzreserveverordnung fällt. Trifft das zu, dann muss gewährleistet sein, dass das Werk im Falle eines Engpasses in längstens 24 Stunden wieder hochgefahren und ans Netz gehen kann.

Sieben der insgesamt neun konventionellen Kraftwerksblöcke, die von der EnBW seit dem Jahr 2013 zur Stilllegung angemeldet worden waren, fallen bisher schon unter diese Verordnung. „Wir gehen davon aus, dass auch für die Altbacher Anlage weiterhin ein Bedarf gegeben ist“, sagt Rainer Allmannsdörfer, der Leiter des EnBW-Anlagenmanagements. „Als kürzlich über einen längeren Zeitraum hinweg bei wenig Wind und Sonne große Kälte geherrscht hat, haben wir die Reserve überall hochfahren müssen“, ergänzt Seeger.

Keine Auswirkungen auf die Fernwärmeversorgung

Der jetzt zur Stilllegung vorgesehene Block 1 hat eine elektrische Leistung von 434 Megawatt und kann bis zu 280 Megawatt Fernwärme auskoppeln. Jährlich sind dort bis zu 600 000 Tonnen Kohle verheizt worden. Trotzdem ist der Block für die Energiebereitstellung in der Region verzichtbar. „Für die Fernwärmeversorgung hat die Stilllegung keine Konsequenzen, da mit den anderen Anlagen am Standort, in Münster und in Gaisburg jederzeit ausreichend Kapazität zur Verfügung steht“, sagt Rainer Allmannsdörfer, Immerhin aber hätten die 434 Megawatt des nun zur Stilllegung vorgesehenen Block ausgereicht, um rund eine halbe Million Vierpersonenhaushalte mit Strom zu versorgen.

Allerdings ist die reparaturanfällige Anlage in den vergangenen Monaten nur ganz selten unter Volllast gefahren worden. „Wir haben wegen eines Schadenfalls im Oktober und der zeitaufwändigen Reparatur im vergangenen Jahr nur 1500 Betriebsstunden geleistet. In einem normalen Jahr sind es 3000“, sagt Seeger. Generell sei die Einsatzdauer der EnBW-Kraftwerke im Land rückläufig. „Das ist der Neuordnung der deutschen Energieversorgungslandschaft geschuldet“, sagt Seeger.