Murat Ala (rechts) zusammen mit einem Freund bei einem Besuch im Stuttgarter Stadion. Foto: privat

Murat Ala ist in Bielefeld aufgewachsen. Seit zehn Jahren lebt er in Stuttgart. Seine Prognose fürs Pokalfinale: „Man wird keinen Klassenunterschied sehen.“

Als Bielefelder muss man viel einstecken können. Das weiß auch Murat Ala. Seit zehn Jahren lebt der 37-Jährige in Stuttgart, wo er als Datenwissenschaftler im Porsche-Vertrieb arbeitet. Nun steht das Finale des DFB-Pokals zwischen dem VfB Stuttgart und Arminia Bielefeld an. Zuletzt hat sich der VfB wieder gefangen. Um im Endspiel gegen die Arminia als Sieger vom Platz zu gehen, ist das nach seiner Einschätzung aber auch bitter nötig.

 

Herr Ala, es heißt ja immer, Bielefeld gibt es gar nicht und wer sagt, er käme von dort, wäre Teil einer großen Verschwörung. Wie sehr nervt das eigentlich?

Es gab eine Phase, da hat es mich genervt. Aber ich muss echt sagen: Du kommst über diese Story überall mit den Leuten ins Gespräch. Das fällt mir in Stuttgart auch auf: Eigentlich verbindet man hier mit Bielefeld nicht viel. Obwohl es ja schon was gäbe: Arminia oder Firmen wie Dr. Oettker oder Miele. Aber diese Story kennt jeder und dann heißt es: Da gibt es doch diese Story und wo kommt die eigentlich her? Das ist ganz charmant. Das Bielefelder Stadtmarketing nutzt das jetzt sogar ganz witzig. In Berlin haben sie zum Pokalfinale große Plakate aufgehängt: „Stuttgart gibt’s gar nicht.“

Welchen Ruf hat die Stadt Stuttgart überhaupt in Ostwestfalen?

Das erste ist natürlich Porsche und Mercedes. Auch der VfB ist deutschlandweit bekannt. Aber das nächste, was dann kommt, ist: Da sind die Leute doch so zurückhaltend und distanziert. Ob man sich da überhaupt wohl fühlt? Das ist so ein Punkt, über den dann sofort gesprochen wird.

Und?

Ich kann das nicht bestätigen. Aber ich habe auch das Glück, dass ich Fußball spiele. Egal wo ich hinkam, habe ich mich immer im Fußballverein angemeldet. Da bist du sofort in Kontakt mit Leuten. Und dadurch kommst du auch in der Stadt an. Ich lebe jetzt zehn Jahre in Stuttgart, und das zeigt ja auch, dass ich mich wohl fühle. Sonst wäre ich vielleicht wieder gegangen.

Aber jetzt zur Arminia. Wie war die Saison für die Fans?

Bei Bielefeld geht es ja immer hoch und runter. Früher sind wir zwischen der 1. und der 2. Bundesliga gependelt, inzwischen geht es auch in die 3. Liga runter. Langweilig ist es nie: Entweder spielt man um den Aufstieg oder um den Abstieg. Jetzt sind wir wieder aufgestiegen in die 2. Liga. Ja, man muss leidensfähig sein. Ich glaube, die Stuttgarter Fans kennen das. Seit ich hier bin, ging es beim VfB ja auch ständig hoch und runter.

Und jetzt das Pokalfinale.

Das ist natürlich ein Hammer. Das ist schon jetzt der größte Erfolg in der Vereinsgeschichte. Ich habe mal geguckt: In der Historie ist die Arminia vielleicht einmal im oberen Mittelfeld der Bundesliga gelandet. Egal wie das Spiel ausgeht: das ist schon jetzt eine Party.

Bielefeld sorgte mit dem 2:1-Sieg gegen Leverkusen im Halbfinale für eine Sensation. Foto: Friso Gentsch/dpa

Wie wird das Spiel laufen?

Der VfB hat sich ja in den vergangenen drei Spielen so ein bisschen gefangen. Aber unsere Mannschaft ist voll auf dem Hype. Seit dem Halbfinalsieg gegen Leverkusen wurde kein Spiel mehr verloren. Es gab nur ein Unentschieden. Das heißt, die Spieler spielen über ihre Verhältnisse. Ich glaube, man wird keinen großen Klassenunterschied sehen. Klar, bei den bisherigen Pokalspielen hatte man den Heimvorteil, der jetzt wegfällt. Fans werden genug im Stadion sein, aber man hat gesehen, dass sich die Bundesligisten auch mit dem Bielefelder Rasen etwas schwer getan haben.

Und wenn die Arminia gewinnt?

. . .und nächstes Jahr als Zweitligist international spielt? Das wäre ja verrückt. Ich weiß nicht, wie viele Bielefelder am Samstag noch in Bielefeld sind. Aber da wird die Stadt komplett abgerissen. Ich schaue mir das Spiel zu Hause in Stuttgart mit einem Kumpel an. Wenn wir gewinnen, werden wir wahrscheinlich noch in die Stadt gehen. Aber ich lebe jahrelang in Stuttgart. Ich sympathisiere auch mit dem VfB. Ich kann also gar nicht verlieren. Trotzdem: natürlich bin ich für die Arminia. Heimat geht vor.