Ob Hotelbar, Fitnessstudio oder Darkroom: Alligatoah zeigte au seinem Konzert in der Stuttgarter Schleyerhalle ein abwechslungsreiches Bühnenbild. Foto: Martin Stollberg

Mehr Entertainer als Rapper: Alligatoah hat sich in der Schleyerhalle durch eine (fast zu) breite Palette an Stilen und Darstellungsformen gespielt. Besonders auffällig: Die Bühnengestaltung, die von Darkroom über Fitnessstudio bis hin zur Hotelbar reichte.

Stuttgart - Songs statt Sounds, eine vierköpfige Band statt aus dem Off zugespielte Klangfragmente und ein Hauptdarsteller, der gleich mehrere richtige Instrumente beherrscht: Die deutsche Rapszene ist bisweilen durchaus für Überraschungen gut – etwa in Person von Lukas Strobel. Als „Alligatoah“ ist der 29-Jährige aus Cuxhaven seit 2006 unterwegs, doch die Bezeichnung Rapper greift inzwischen deutlich zu kurz für sein Werk.

Beim Konzert in der mit 8000 Fans ordentlich besuchten, wenngleich nicht ausverkauften Schleyerhalle zeigt sich Strobel eher als Multitalent, das eine ganze Reihe an musikalischen Stilen mischt – typische Deutschrap-Klänge sind darunter nur eines von vielen Genres.

Liebevoll nachgebautes „Hotel Kaliforniah“

Ins „Hotel Kaliforniah“ lädt Alligatoah auf seiner aktuellen Tournee; durchaus liebevoll nachgebaut ist diese Unterkunft in der Schleyerhalle, und mit einer Drehwand ausgestattet, die verschiedene Kulissen von Hotelbar über Darkroom bis Fitnesstudio ermöglicht. Dazu sorgt ein munter aufspielendes Quartett für einen breit gefächerten Soundmix. Ein Livedrummer und ein DJ teilen sich die beiden Balkone auf der Empore des Gebäudes, unten assistieren ein Gitarrist und, Achtung, ein Klarinettist, der sich tatsächlich immer mal wieder erfolgreich mit schön tänzelndem Spiel gegen seine Kollegen behaupten kann. Sechster Mann eines kanarienvogelgelb gewandeten Ensembles: ein sidekick namens Basti, der in Buster-Keaton-Manier mal den Hotelpagen, mal den Barkeeper gibt.

Eine solche Konstellation kennt man aus TV-Unterhaltungsshows, wie sie einst Stefan Raab aus der Tauf gehoben hat, und auch Alligatoah ist inzwischen eher in der Rolle des Entertainers und Showman angekommen, anstatt sich auf Rapklischees auszuruhen. Das hat seine Reize – und seine Tücken. Durchaus souverän bewegt er sich zwischen diversen Darstellungsformen, mischt Ironie mit Sprachwitz und Rollenspieltechniken, Rap mit Pop und Crossover-Rock. Doch statt eines klassischen Konzertes erleben die Fans eher eine Art Nummernrevue.

Nur verhaltener Applaus

Den wortgewandten Conferencier gibt Alligatoah ebenso wie er lustvoll-klamaukig in einer Mülltonne performt oder ironiefrei und als seriöser Gitarrist Eric Claptons „Layla“ zitiert – wobei, wirkliche Ironie der Geschichte, viele der überwiegend jüngeren Besucher das Original dieses Evergreens vermutlich nie zuvor gehört haben. Dieses Auf und Ab bleibt nicht ohne Folgen: Obwohl es einen an sich durchaus pfiffigen Abend erlebt hat, spendet das Publikum nach knapp zwei Stunden etwas unschlüssig nur verhaltenen Applaus.