Für viele ist die mehr als 100 Jahre alte Eiche auf dem Allianz-Gelände in Stuttgart-Vaihingen einer der Knackpunkte. Der Baum soll erhalten werden. Foto: z/Stefan Koch

Das Gremium fordert einen erneuten Suchlauf, um ein Grundstück zu finden, dass für den Allianz-Neubau besser geeignet ist als das an der Heßbrühlstraße in Stuttgart-Vaihingen.

Vaihingen - Der Bezirksbeirat hat in seiner Sondersitzung am Montag den Allianz-Neubau an der Heßbrühlstraße erneut abgelehnt. Ein anderes Ergebnis war kaum zu erwarten gewesen. Doch die Lokalpolitiker sagten nicht einfach nur nein. Sie folgten mehrheitlich Gerhard Wicks Antrag und forderten damit die Stadtverwaltung zu einem erneuten Suchlauf auf, um ein Grundstück zu finden, das „sozial und klimatologisch“ für eine Bebauung besser geeignet ist.

 

Die Sondersitzung war notwendig geworden, nachdem der Bezirksbeirat die Allianz-Pläne im Februar – übrigens ebenfalls in einer Sondersitzung – mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit abgelehnt hatte. Das Verfahren sieht vor, dass ein Thema dann nach der Beratung im Umwelt- und Technikausschuss (UTA) noch einmal den Bezirksbeiräten vorgelegt wird. Der UTA hatte die Pläne der Allianz zwar grundsätzlich begrüßt, die Stadträte hatten aber auch einige Änderungswünsche für die Wettbewerbsauslobung. Michael Hausiel vom Stadtplanungsamt stellte diese dem Bezirksbeirat vor. Das wohl Wichtigste ist, dass die Eiche erhalten bleibt. Um das zu ermöglichen und die Baumschutzzone einzuhalten, könnten die sowieso geforderten Wege an der Eiche entlangführen.

Zudem soll die Allianz den im Süden geplanten Grünstreifen nach Möglichkeit auf 50 Meter verbreitern. Um zu vermeiden, dass das Unternehmen mit diesen neuen Vorgaben auf Bürofläche verzichten muss, darf das angedachte Hochhaus nun sogar 19 statt 14 Stockwerke und damit eine Höhe von etwa 67 Metern haben. Das sorgte bei den Lokalpolitikern freilich für ein Raunen und Kopfschütteln.

Bezirksbeirat hat bereits im Februar zwei Anträge gestellt

Michael Hausiel ging auch auf die drei Anträge ein, welche der Bezirksbeirat der Stadtverwaltung nach der Sondersitzung im Februar mit auf den Weg gegeben hatte. Damals forderten die Lokalpolitiker, dass dem Preisgericht auch zwei Mitglieder des Bezirksbeirats angehören. So eine Ausnahme sei nicht möglich, antwortete Hausiel. Üblich sei, dass lediglich der Bezirksvorsteher einem solchen Gremium angehöre. Darüber hinaus sollte die Verwaltung prüfen, ob für die Stadt ein Vorkaufsrecht eingerichtet werden kann, falls die Allianz an dem Areal an der Heßbrühlstraße irgendwann kein Interesse mehr haben sollte. Hausiel verwies auf die Antwort zu einem SPD-Antrag. In dieser ist zu lesen, dass ein Vorkaufsrecht nicht zielführend sei, da es sich nur auf einen kleinen Teil der Fläche beziehen könne.

Sinnvoller sei „ein Rücktrittsrecht für den Fall, dass die Allianz innerhalb einer noch festzulegenden Frist nach Rechtskraft das Bauvorhaben nicht realisiert“. Diese Antwort stellte den Bezirksbeirat Axel Weber (CDU) ganz und gar nicht zufrieden. Er hatte den Antrag im Februar eingebracht. „Diese Antwort hat nichts mit meinem Antrag zu tun“, sagte Weber. Ihm sei es um den Planungsgewinn gegangenen, welchen die Allianz mit der Umwidmung der Flächen zu Bauland erziele. Die Verwaltung solle sicherstellen, dass dieser Gewinn bei einem Verkauf des Grundstücks nicht bei der Allianz bleibt, sondern an die Stadt fließt. Hausiel antwortete, dass er zur Höhe des Planungsgewinns noch nichts sagen könne, und dass die Stadt diesen im Fall eines Verkaufs nicht direkt abschöpfen könne.

Gerhard Wick wiederholte seine Fundamentalkritik an dem Projekt. Die Verwaltung und der Gemeinderat würden damit gegen ihre eigenen Grundsätze verstoßen, sagte er. Mit dem Allianz-Neubau werde ein Gelände zweckentfremdet, Wohnraum vernichtet und eine neue Gewerbefläche ausgewiesen. „Darum haben wir das Projekt abgelehnt“, sagte Wick. Vor allem aber sei das Verkehrsproblem nicht gelöst. Der Verkehrsstrukturplan, der im Sommer vorgelegt werden soll, habe zum Ziel, noch mehr Verkehr auf noch mehr Straßen zu bringen. Dem Bezirksbeirat gehe es aber um eine Eindämmung des Individualverkehrs. Das Thema Verkehr war auch für Eyüp Ölcer (Freie Wähler) und Volker Weil der Knackpunkt. „Wir dürfen nicht warten, bis wir im Verkehr ersticken“, sagte Ölcer. Und Weil fügte hinzu: „Die Stadt muss ihre Hausaufgaben machen.“

Über die eigentliche Vorlage stimmt der Bezirksbeirat gar nicht ab

Linus Fuchs (SPD) verwies auf das stadtklimatologische Gutachten, aus dem hervorgehe, dass das Gelände nicht bebaut werden sollte. Wortwörtlich heißt es: „Aus stadtklimatischer Sicht ist grundsätzlich an den seinerzeit abgestimmten Planungsgrundzügen festzuhalten, gerade den noch weitgehend unverbauten Landschaftsraum von weiterer Bebauung freizuhalten.“ Auch Klaus-Peter Spieske (Grüne) fragte: „Wieso kann die Stadt dieses Gutachten übergehen?“

Das Nein des Bezirksbeirats war also deutlich. Über die eigentliche Vorlage stimmten die Lokalpolitiker aber gar nicht ab, weil sie Wicks Antrag als den weitergehenden Antrag definierten und über diesen zuerst entschieden. Nachdem die Mehrheit des Gremiums dafür war, sahen die Lokalpolitiker die Sache für erledigt an. Dann überlegte sich der ein oder andere spontan, ob der Bezirksbeirat vielleicht doch noch über die Anträge abstimmen sollte, welche die Grünen vorbereitet hatten. Doch Bezirksvorsteher Wolfgang Meinhardt verwies auf die bereits geschlossene Sitzung.

Der Umwelt- und Technikausschuss befasste sich am Dienstagmorgen mit dem Wettbewerb für den Allianz-Neubau. Das Gremium stimmt dem Vorhaben mit großer Mehrheit zu

Allianz baut neue Verwaltungszentrale

Die Allianz will ihre beiden Standorte in der Innenstadt aufgeben und auf ihrem eigenen Gelände an der Heßbrühlstraße eine neue Verwaltungszentrale für etwa 4000 Mitarbeiter bauen. Dem Vorhaben fallen auch einige SWSG-Wohnungen sowie je eine Betriebsstelle des Tiefbauamts und der AWS zum Opfer. Mit der Zustimmung des Umwelt- und Technikausschusses beginnt nun der städtebauliche Wettbewerb. Die Stadt und die Allianz wollen das Ergebnis im Juli präsentieren.

Der TSV Georgii Allianz muss sich neu aufstellen. Der Vereinsvorstand und Vertreter der Stadt haben zusammen mit den benachbarten Vereinen ein Konzept erarbeitet, wie es mit dem Sport am Schwarzbach weitergehen könnte.