Ungläubige Blicke bei Molly McCage (li.) und Sarah Wilhite – Allianz MTV Stuttgart hat das Pokalfinale überraschend klar verloren. Foto: Baumann

Die Enttäuschung nach dem klar verlorenen Pokalfinale war riesengroß bei den Volleyballerinnen von Allianz MTV Stuttgart. Viel Zeit, das Endspiel zu verarbeiten bleibt nicht – zu wichtig sind die nächsten Aufgaben.

Mannheim - Die blaue Wand wollte einfach nicht aufhören, die Mannschaft zu feiern. Als in der Arena in Mannheim schon längst die Aufräumarbeiten liefen und die goldenen Konfetti-Schnipsel zusammengekehrt wurden, beklatschten und bejubelten die Fans aus Stuttgart ihre Lieblings-Volleyballerinnen immer noch lautstark. Für die Spielerinnen war das ein kleiner Trost, allerdings auch nicht mehr. Sie waren zu enttäuscht. Vor allem über sich selbst.

Das Pokalfinale in der mit mehr als 10 000 Zuschauern besetzten Arena ist jedes Jahr ein hochemotionaler Höhepunkt. Alle wünschen sich, just an diesem Tag ihre Bestleistung abrufen zu können. Umso ärgerlicher und frustrierender ist es, wenn man nicht mal an sein übliches Niveau herankommt. „Bei uns hatte heute keine Spielerin Normalform“, sagte Giannis Athanasopoulos, der Trainer des ungeschlagenen Bundesliga-Spitzenreiters Allianz MTV Stuttgart, nach dem deutlichen 0:3 (21:25, 21:25, 20:25) gegen den SSC Schwerin, „das hatte ich so nicht erwartet. Wir haben es nicht geschafft, das System des Gegners zu durchbrechen.“ Ähnlich sah es Außenangreiferin Jana-Franziska Poll: „Es ist extrem schade, denn wir haben einfach nicht zu unserem Spiel gefunden. Wir konnten nicht abrufen, was wir drauf haben. Ausgerechnet im Pokalfinale so eine Leistung zu zeigen, ist sehr bitter.“

Führung im ersten Satz

Dabei hatte das Endspiel eigentlich ganz gut begonnen. Nach einem 10:15-Rückstand hatten die Stuttgarterinnen das Momentum plötzlich auf ihrer Seite, lagen 19:17 vorne. Danach ging nichts mehr. Ähnlich lief der zweite Satz. Das MTV-Team führte 9:6 – es war die letzte Führung. Der SSC Schwerin zeigte eine bärenstarke Leistung, vor allem Zuspielerin Denise Hanke. Sie setzte Kimberly Drewniok (Diagonal), Mckenzie Adams (Außen) und Beta Dumancic (Mitte) immer wieder perfekt in Szene. Die vier effektivsten Angreiferinnen des Finales trugen gelbe Trikots. „Stuttgart spielt eine überragende Saison, hatte noch nie einen so guten Kader“, sagte SSC-Trainer Felix Koslowski, „wir wussten, dass wir alles zeigen müssen, um zu gewinnen. 95 Prozent der Partie haben wir toll gespielt, vor allem im Angriff waren die Mädels super drauf, da hatten wir ein extrem hohes Tempo.“

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Die Stärke des Gegners war allerdings nur ein Problem der Stuttgarterinnen. Das andere war die eigene Misserfolgsquote. „Wir haben viel zu viele Fehler gemacht“, sagte Geschäftsführer Aurel Irion, „es war alles andere als eine gute Leistung von uns. Es macht keinen Spaß, so zu verlieren, die Enttäuschung sitzt extrem tief. Leid tut es mir vor allem für die 1350 Fans, die in Mannheim waren, wir konnten ihnen nichts zurückgeben.“

Schon am Dienstag geht es weiter

Die Aufgabe ist nun, den Frust zu überwinden. Die Enttäuschung zu verarbeiten. Nicht in ein Loch zu fallen. Das Problem: Eigentlich gibt es gar keine Zeit zur Aufarbeitung. Das Team übernachtete in Mannheim, schon um 6.45 Uhr war am Montag Busabfahrt zum Frankfurter Flughafen. An diesem Dienstag (20 Uhr) steht im bulgarischen Plovdiv das letzte Vorrundenspiel in der Champions League an, Allianz MTV Stuttgart benötigt einen 3:0- oder 3:1-Sieg, um aus eigener Kraft ins Viertelfinale einzuziehen. „Das wollen wir unbedingt schaffen“, meinte Irion, „wir dürfen jetzt nicht in einen Abwärtsstrudel geraten.“ Schließlich gibt es in dieser Saison noch hohe Ziele. Vor allem in der Meisterschaft.

Nach vier zweiten Plätzen wollen die Stuttgarterinnen endlich den DM-Titel holen, doch spätestens seit dem Pokalfinale wissen alle: einfach wird das nicht. „Wir haben nun einen gewissen Druck, denn klar ist, dass wir in der Meisterschaft nicht Vierter werden dürfen“, erklärte Geschäftsführer Irion, „wir möchten unbedingt die Endspielserie der Play-offs erreichen.“ In der es dann vermutlich wieder gegen den SSC Schwerin gehen würde. Und auch dann wird ein Erfolg nur möglich sein, wenn das MTV-Team am Limit spielt. „Die Schwerinerinnen haben im Pokal wieder mal gezeigt, dass sie auf den Punkt da sind, wenn es gilt“, meinte Irion, „wir müssen das erst noch lernen.“

„Nicht normal gespielt“

Nachhilfe könnte womöglich Vital Heynen geben. Der Nationaltrainer von Weltmeister Polen, der mit dem VfB Friedrichshafen zum dritten mal in Serie den Pokal gewann, verriet am Ende des Finaltages sein Erfolgsgeheimnis – das eigentlich gar keines ist. „Dieses Endspiel muss für Mannschaft und Trainer ein ganz normales Spiel sein. Ohne besondere Vorbereitung, ohne besondere Umstände, ohne Stress“, erklärte Heynen, „das ist einfach gesagt, aber schwer umzusetzen. Ich habe nur gesehen, dass Stuttgart gegen Schwerin nicht normal gespielt hat. Das waren viel zu viele Fehler für einen ungeschlagenen Bundesliga-Spitzenreiter.“

Eine Analyse, die das Finale auf den Punkt brachte – und für die enttäuschten MTV-Volleyballerinnen trotzdem kein Trost war.