Volleyball-Bundesligist Allianz MTV Stuttgart wirbt mit einem Foto von Neuzugang Mikala Mogensen und einer zweideutigen Botschaft für das erste Heimspiel der neuen Saison.
Kurz vor dem Start der Volleyball-Saison hat der Liga-Verband (VBL) noch schnell eine Werbeaktion gestartet und an jedem Bundesliga-Standort großflächige Plakate aufhängen lassen – mit Sprüchen wie „Erlebe Deutschlands schlagfertigste Frauen!“ oder (in Städten mit Männer-Teams) „Echte Größe. Echter Sport.“ Die Beurteilung, wie kreativ diese Botschaften sind, bleibt den Konsumenten überlassen, zu beanstanden sind sie sicher nicht. Die Frage, ob eine Grenze überschritten worden ist, stellt sich allerdings bei der neuesten PR-Aktion von Allianz MTV Stuttgart.
Der Frauen-Bundesligist wirbt seit Jahren mit der markanten Zeile „Stuttgarts schönster Sport“ für sich, und es ist ihm gelungen, aus diesen drei Worten eine Marke mit hohem Wiedererkennungswert zu entwickeln. Derzeit rückt der Verein, der 2024 das Triple aus Meisterschaft, Pokal und Supercup gewann, mit einer neuen Botschaft sein erstes Heimspiel an diesem Samstag (19 Uhr) gegen die Ladies in Black Aachen in den Fokus. Auf rund 15 Litfaßsäulen in der Stadt ist ein Foto von Neuzugang Mikala Mogensen zu sehen, und über ihrem Kopf steht der Spruch: „Lust auf Baggern?“
Geschäftsführer Aurel Irion: „Charmante Werbung“
Auf die Nachfrage, ob es sich dabei um eine pfiffige PR-Botschaft oder eine doppeldeutige Grenzüberschreitung handle, waren die Antworten einiger weiblicher MTV-Fans gegenüber unserer Zeitung ziemlich klar. Es fielen unter anderem die Worte „sexistisch“, „unangebracht“, „nicht witzig“, „geschmacklos“, „peinlich“ und „alles andere als ein Gag“. Die Verantwortlichen beurteilen den Fall anders.
Baggern – das Spielen des Balles mit ausgestreckten Armen vor dem Körper – sei im Volleyball ein feststehender Begriff, erklärt Aurel Irion. „Natürlich ist der Spruch auf den Litfaßsäulen ein bisschen frech, aber er passt zu unserem Sport“, ergänzt der Geschäftsführer von Allianz MTV Stuttgart, „wir empfinden ihn nicht als Grenzüberschreitung, sondern als charmante Werbung. An uns ist auch noch niemand mit Kritik herangetreten, es gab stattdessen lobende Worte für das tolle Motiv. Wäre es anders, würden wir das sehr ernst nehmen. Wir wollen mit unserer Werbung Aufmerksamkeit erzeugen, aber natürlich keine negative. Was unser gutes Image angeht, sind wir sehr sensibel.“
Die neue Kapitänin Antonia Stautz sieht die Aktion „voll im Rahmen“
Mit Mikala Mogensen (24), der dänischen Nationalspielerin, die im Sommer vom USC Münster nach Stuttgart kam, hat der Verein die Plakataktion nicht abgestimmt – das ist die übliche Vorgehensweise bei Werbemaßnahmen. „Wir können nicht jedes Foto einzeln besprechen“, sagt Aurel Irion, „damit haben wir noch nie schlechte Erfahrungen gemacht. Im Normalfall freuen sich die Spielerinnen und sind stolz darauf, ausgewählt zu werden.“ Dazu passt, dass der „Lust auf Baggern?“-Spruch innerhalb der Mannschaft kein Thema ist. „Das bewegt sich voll im Rahmen, ist sicherlich keine Grenzüberschreitung“, meint Antonia Stautz, die neue Kapitänin, „da habe ich im Volleyball schon ganz andere Werbekampagnen erlebt.“ Eine führte sogar zu einer Rüge durch den Deutschen Werberat.
Beanstandung der Po-Werbung beim VfB Suhl
Vor sieben Jahren gingen bei der Selbstkontrolleinrichtung der Werbewirtschaft, die sich darum kümmert, dass Werbung, die rechtlich zulässig ist, ethische Grenzen nicht überschreitet, mehrere Beschwerden ein – wegen eines PR-Spruchs unter der Gürtellinie.
Damals war der Landkreis Schmalkalden-Meiningen einer der Sponsoren des VfB Suhl, hinten auf den Hosen der Spielerinnen stand der Schriftzug „Prachtregion.de“ – unter dieser Internetadresse preist der Landkreis seine Vorzüge in Sport, Natur, Wirtschaft und Kultur an. Der Deutsche Werberat urteilte, diese Art der Werbung sei sexistisch und respektlos, da sie die Spielerinnen durch die Platzierung des Schriftzugs auf dem Gesäß auf ihr äußeres Erscheinungsbild reduziere. Die „Lust auf Baggern?“-Frage von Allianz MTV Stuttgart, erklärte indes der Deutsche Werberat nun auf Anfrage unserer Zeitung, sei mit diesem Fall jedoch nicht vergleichbar.
Weil keine Beschwerde eingegangen ist, hat sich die Institution nicht intensiv mit der doppeldeutigen Frage über dem Mogensen-Foto beschäftigt. „Aus meiner Sicht ist diese Werbung aber nicht diskriminierend oder herabwürdigend“, sagt Katja Heintschel von Heinegg, die Geschäftsführerin des Deutschen Werberates, die aus Stuttgart stammt und einst Volleyballerin beim ASV Botnang war, „die Spielerin wird nicht auf ihre Sexualität reduziert. Aus der Botschaft geht nicht klar hervor, dass eine Sportlerin angebaggert werden will. Ich würde hier, auch im Falle einer Beschwerde, keinen Verstoß sehen, der zu kritisieren wäre.“
Die Verantwortlichen von Allianz MTV Stuttgart dürfen sich folglich in ihrer Einschätzung bestätigt sehen. „Wir waren uns sicher, mit dieser Aktion keine Grenzen zu überschreiten“, sagte Frank Fischer, einer der Gesellschafter des Volleyball-Bundesligisten, „und trotzdem hätten wir reagiert, wenn Kritik laut geworden wäre. Darüber gibt es bei uns keine zwei Meinungen.“