Maria Segura Pallerés (re.): Allianz MTV Stuttgart droht ein tränenreicher Abschied. Foto: Baumann/Hansjürgen Britsch

Die Volleyballerinnen von Allianz MTV Stuttgart wollen im dritten Duell gegen den Dresdner SC den Einzug in die Finalserie um die Meisterschaft schaffen – es könnte aber auch ihr letztes Spiel der Saison sein. Dann hätten sie auch den Sprung in die Königsklasse verpasst.

Noch ehe es in die letzte Phase der Play-offs geht, haben die Volleyballerinnen von Allianz MTV Stuttgart bereits ein Endspiel. An diesem Mittwoch (19.30 Uhr/Scharrena) treffen sie in der Halbfinalserie zum dritten Mal auf den Dresdner SC, und nun fällt definitiv eine Entscheidung: Ein Sieg würde den Einzug in die Finalserie gegen den SSC Palmberg Schwerin bedeuten, eine Niederlage das vorzeitige Saisonende. Oder anders ausgedrückt: Es steht enorm viel auf dem Spiel.

 

Die Serie

Seit der Saison 2014/15 stand Allianz MTV Stuttgart immer in der letzten Play-off-Runde um die Meisterschaft – nun kämpft das Team um die zehnte Finalqualifikation in Folge. „Das wäre eine grandiose Leistung“, sagt Geschäftsführer Aurel Irion, der sich noch gerne an 2019 zurückerinnert, als sein Team erstmals die Schale holte. Denn Michael Evers, der Manager des SSC Palmberg Schwerin, meinte danach zu ihm, ein Titelgewinn könne schon mal passieren, schwierig aber sei, dauerhaft erfolgreich zu sein. „Wir haben es geschafft“, erklärt Irion, „diese Kontinuität ist außergewöhnlich.“ Und alles andere als eine Selbstverständlichkeit. „Irgendwann wird diese Serie reißen“, sagt der Geschäftsführer des Meisters von 2022, 2023 und 2024, „doch wir werden alles dafür tun, dass es nicht jetzt passiert.“

Die Bilanz

Vor einem Jahr feierte Allianz MTV Stuttgart das Triple. In dieser Saison holte das Team zwar den Supercup, scheiterte aber im Pokal bereits im Viertelfinale in Potsdam. Und nun droht auch noch das vorzeitige Aus in der Meisterschaft. „Das wäre enttäuschend“, sagt Aurel Irion, „aber es wäre keine riesengroße Enttäuschung. Denn es war ja nicht alles schlecht, was wir gemacht haben. Und es gibt eben in der Bundesliga drei Teams, die auf Augenhöhe agieren.“ Wichtig sei nun, auf die eigene Stärke zu vertrauen. „Ich habe keine Erklärung dafür, warum wir das zweite Halbfinale in Dresden trotz klarer Führung noch verloren haben“, sagt der Geschäftsführer des Titelverteidigers, der selbst nicht vor Ort war, „am Ende ist gegen einen sehr starken Gegner, der sich in einen Rausch gespielt hat, alles schief gelaufen, das war sehr bitter. Trotzdem glauben wir an unser Team – und daran, dass es noch einmal alle Kräfte mobilisieren kann.“

Die Königsklasse

Das Ticket nach Europa hat Allianz MTV Stuttgart sicher, allerdings schaffen nur die beiden Finalisten den Sprung in die Champions League. „Für uns ist zuallererst wichtig, dass wir international spielen“, erklärt Irion, „am liebsten würden wir dies natürlich in der Champions League tun. Sie zu erreichen, ist unser Ziel – allerdings hat auch der CEV-Cup seinen Reiz und wäre eine Alternative, mit der wir im Zweifel leben müssten, es aber auch könnten.“

Krystal Rivers: Letzter Auftritt in der Scharrena? Foto: Baumann/Hansjürgen Britsch

Die Abschiede

Nach der Saison werden Krystal Rivers (30), Roosa Koskelo (33) und Maria Segura Pallerés (32) ihre Karrieren beenden. Die drei Stars haben fest vor, ihr letztes Spiel mit dem MTV-Team zu gewinnen und einen weiteren Titel zu holen. Ansonsten? Würde es unweigerlich einen tränenreichen Abend geben. „Eine Niederlage am Mittwoch würde ein Szenario bedeuten, das niemand will, am allerwenigsten unsere drei Vereinslegenden“, sagt Geschäftsführer Aurel Irion, „der Druck liegt bei uns. Wir wissen nun aus eigener Erfahrung, dass es gegen den Dresdner SC nicht reicht, zwei gute Sätze zu spielen. Ich bin gespannt, wie viele Körner bei uns noch übrig sind.“

Die Anerkennung

Wer meint, an diesem Mittwoch ginge es auch um eine ordentliche Stange Geld, der irrt. Sagt zumindest Aurel Irion. Seine Rechnung ist einfach: Die Einnahmen aus zwei möglichen Heimspielen in der Finalserie (Modus: best of five) würden durch die Reisekosten aufgefressen werden, obwohl das Team zumindest zum ersten Duell nach Schwerin mit dem Bus fahren und nicht fliegen würde. Die Prämien der Sponsoren für den vierten DM-Titel in Serie würden sich laut Irion mit den Prämien die Waage halten, die an die Spielerinnen bezahlt werden müssten. Die TV-Gelder sind unabhängig vom Ausgang der Saison, es gibt keine Staffelung. Der Einzug in die Finalserie wäre demnach ein Nullsummenspiel. Anders verhält es sich mit einem eher ideellen Wert. „Es ist schwer zu messen, wie viel einem die Aufmerksamkeit bringt, die eine Finalserie oder gar der Titelgewinn hervorruft“, erklärt Aurel Irion, „aber klar ist, dass es für unsere Entwicklung und unser Image enorm wertvoll und wichtig war, in den letzten zehn Jahren immer bis zum Schluss der Saison dabei gewesen zu sein. Es wäre schon schwierig, wenn diesmal die Sommerpause bereits am Abend des 16. April beginnen würde.“

Die Vereinsstrategie

Ende Januar trennte sich Allianz MTV Stuttgart von seiner Sportdirektorin Kim Renkema, seither ist ihre Stelle unbesetzt. Darüber, wie groß der Einfluss dieser Vakanz auf die sportlichen Ergebnisse ist, lässt sich nur spekulieren. Klar aber ist: Kim Renkema würde in der aktuell schwierigen Situation deutliche Worte sprechen und versuchen, die Mannschaft auf das entscheidende Duell einzustimmen. Und klar ist natürlich auch, dass die Kritiker der Renkema-Freistellung im Falle eines vorzeitigen Scheiterns unweigerlich einen Zusammenhang mit der nicht mehr im Amt befindlichen Sportdirektorin herstellen würden – auch wenn Aurel Irion das nicht nachvollziehen könnte. „Das Team hat in Dresden alles gegeben, es lag sicher nicht an der Einstellung. Deshalb wäre es falsch gewesen, auf die Niederlage mit Härte zu reagieren. Stattdessen ging es um die richtige Analyse“, erklärt der Geschäftsführer des Titelverteidigers, für den eines feststeht: „Der Ausgang der aktuellen Saison ändert nichts daran, dass wir ohne Sportdirektorin oder Sportdirektor in die nächste Saison gehen werden.“