Bisher ein eingespieltes Duo: Nun wird Giannis Athanasopoulos (re.) Nachfolger von Guillermo Naranjo Hernández als Cheftrainer von Allianz MTV Stuttgart. Foto: Baumann

Ausgerechnet nach der erfolgreichsten Saison der Vereinsgeschichte trennt sich Volleyball-Bundesligist Allianz MTV Stuttgart von Trainer Guillermo Naranjo Hernández. Der Nachfolger steht bereits fest.

Stuttgart - Der Schmetterball von Maren Brinker prallte vom Stuttgarter Block ab, der Rettungsversuch von Renata Sandor war vergeblich. Die finale Aktion der Saison machte nicht nur den SSC Palmberg Schwerin zum Meister, es war auch der letzte Ballwechsel, den Guillermo Naranjo Hernández auf der Bank von Allianz MTV Stuttgart erlebt hat. Der Volleyball-Bundesligist wird sich von seinem Trainer trennen, das hat der erweiterte Gesellschafterkreis einstimmig beschlossen – auch wenn Aurel Irion dies offiziell noch nicht bestätigen will.

„Unser Coach hat einen gültigen Vertrag, der noch ein Jahr läuft“, erklärt der Geschäftsführer, „wir sind in Gesprächen, wie es weitergehen soll. Es gibt Ideen in alle Richtungen.“ Ähnlich äußert sich Hernández. „Beide Seiten denken darüber nach, ob ein Wechsel gut sein könnte“, sagt der Spanier, „für mich gibt es einige Möglichkeiten in europäischen Ligen, deshalb überlege ich, den nächsten Schritt zu gehen. Doch Stand heute habe ich einen Kontrakt in Stuttgart. Ich halte es für möglich, dass ich auch nächste Saison hier Trainer bin.“

Sätze, die belegen, dass Taktik im Volleyball auch nach der Saison eine Rolle spielen kann: Weil der Abschied von Hernández sicher ist, geht es nun um die beste Verhandlungsposition. „Wir wollen einen Neuanfang mit einem neuen Trainer-Team“, sagt Gesellschafter und Hauptsponsor Rainer Scharr, der hofft, sich von Hernández im Guten trennen zu können: „Wir suchen einen fairen Weg.“ In welche Richtung dieser führen soll, ist klar: Keine der beiden Seiten verliert ein böses Wort, der MTV spekuliert darauf, dass der Trainer möglichst schnell einen neuen Verein findet und würde ihm den Wechsel womöglich auch mit einer Abfindung versüßen. Klappt das nicht, droht ein Rechtsstreit, der teuer werden könnte. Club und Coach haben sich angeblich schon juristisch beraten lassen.

Hernández kann die Kritik nicht verstehen

Bleibt die Frage, warum Allianz MTV Stuttgart ausgerechnet jetzt „neue Impulse“ (Scharr) benötigt – nach der erfolgreichsten Saison der Vereinsgeschichte mit Vizemeisterschaft, Pokal- und Supercup-Sieg. Offiziell gibt es nur einen Satz von Gesellschafter und Ex-Manager Bernhard Lobmüller: „Die Bindung vom Trainer zur Mannschaft und zum Management ist nicht in dem Zustand, der nötig ist, um erfolgreich zu sein.“

Konkreter wird niemand, doch was die Verantwortlichen zunehmend an ihrem Trainer stört, ist offensichtlich: Seine oftmals negative Körpersprache während der Spiele und seine Konflikte mit den Schiedsrichtern. Außerdem wird ihm hinter vorgehaltener Hand vorgeworfen, menschlich nicht immer korrekt mit seinen Spielerinnen umgegangen zu sein, vor allem mit jenen aus der zweiten Reihe. Kritik, die Hernández überhaupt nicht verstehen kann. „Ein Trainer muss immer Entscheidungen treffen, die automatisch zu Enttäuschungen führen“, sagt der Spanier, der mit seinem Team 2015, 2016 und 2017 in sieben Endspielen stand und drei Titel holte, „wer der Freund von allen ist, kann nicht erfolgreich sein. Ein Trainer muss auch mal deutlich ansprechen, was schlecht läuft. Mein Job ist es nicht, Leute glücklich zu machen, sondern Erfolge zu holen. Ich weiß, dass ich sehr temperamentvoll bin, aber ich habe nie den nötigen Respekt vermissen lassen.“

Verhandlungen mit vielversprechenden Neuzugängen

Trotzdem wird es für Hernández keinen Weg zurück auf die MTV-Bank geben. Dort übernimmt nach Informationen dieser Zeitung ein Freund des Spaniers die Verantwortung – sein Co-Trainer Giannis Athanasopoulos. Eine gute Lösung, auch aus Sicht von Hernández: „Wenn ich gehe, dann will ich, dass einer kommt, dem ich vertraue. Giannis ist der beste Mann für diese Aufgabe.“ Zumal er eine gute Ausgangslage vorfindet.

Hernández und Athanasopoulos haben gemeinsam mit den MTV-Verantwortlichen die neue Saison geplant. Neben den Außenangreiferinnen Michaela Mlejnkova, Renata Sandor und Julia Schaefer werden wohl auch Kapitänin Deborah van Daelen und Mittelblockerin Micheli Tomazela Pissinato bleiben, mit vielversprechenden Neuzugängen wird laut Hernández verhandelt. Umso unverständlicher ist aus Sicht des Spaniers, dass seine Dienste in Stuttgart nicht mehr erwünscht sind: „Das ist mein Team. Und ich sehe keinen Grund, warum wir nicht auch in Zukunft hätten erfolgreich sein sollen.“