Das Buchhaus Wittwer, vertreten durch Rainer Bartle (re.), ist ein Mitglied der neuen Allianz gegen die Einkaufscenter in Stuttgart Foto: Leif Piechowski

Etwa 280 Geschäfte sind seit der Eröffnung der neuen Einkaufcenter hinzu gekommen. Und bisher haben das Milaneo und Gerber eine magische Anziehungskraft. Das Milaneo zählte am Freitag eine Million Besucher. Dagegen setzen nun die City-Händler ein Zeichen.

Stuttgart - Die Konsumenten stimmen derzeit mit den Füßen ab. Sie pilgern in Scharen in die neuen Einkaufscenter. Ins Gerber kamen alleine in der ersten Woche nach der Eröffnung 400 000 Besucher. Das Milaneo knackte am gestrigen Freitagnachmittag die Millionengrenze.

Was die Betreiber der Konsumtempel jubeln lässt, ist für die Händler in der Innenstadt weniger erfreulich. Aber die Traditionsgeschäfte legen angesichts des neuen Wettbewerbs keinesfalls die Hände in den Schoß. Im Gegenteil: Zehn Läden haben sich nun zur Vereinigung „Stuttgarter Traditionsgeschäfte“ zusammengeschlossen. Dieser neue Bund soll eine Antwort auf die Erweiterung der Einzelhandelsflächen auf 70 000 Quadratmeter durch die Eröffnung der Einkaufcenter sein.

„Aber wir sind nicht nur eine Zweckgemeinschaft, sondern wir können uns auch alle gut leiden“, sagt Christoph Achenbach (Lederwaren-Acker). Damit gelte der alte Spruch, dass im Einzelhandel jeder einzeln handle, nicht mehr.

Zusammen stellen sie 1440 Jahre Erfahrung im Handel dar: Die zehn Fachgeschäfte, die sich unter Federführung der City Initiative (CIS) zusammengeschlossen haben, bekräftigen ihr gemeinsames Ziel: „Wir wollen damit unsere tiefe Verwurzelung und Verbundenheit in und mit dieser Stadt ausdrücken, stehen für hohe Qualität, Individualität, Verlässlichkeit, Wertschätzung des Kunden und damit für eine attraktive Innenstadt“, wie Matthias Mußler als Sprecher der Vereinigung bei der Vorstellung am Freitag im Rathaus betont.

„Wir wollen Platzhirsch in der City werden“, ergänzt Mußler und spielt damit auf das Signet der Vereinigung an: Es ist der goldene Hirsch vom Kuppeldach des Kunstgebäudes. Ein stolzer Zehnender, der als Symbol für die zehn Firmen steht: Tritschler, mit dem Gründungsdatum 1723 die älteste, das Wäschegeschäft Maute-Benger (1844), Korbmayer (1863), den Buchhandel Wittwer (1867), Feinkost Böhm (1889), Kästner Optik (1889), Spielwaren Kurtz, die Kaffeerösterei Hochland, Lederwaren Acker, das aus einem 1927 gegründetem Devotionalienhandel hervorgegangen ist, und Mußler Beauty, mit erst 79 Jahren der Benjamin in der Runde.

„Platzhirsch“ ist aber auch der Titel des Kundenmagazins, mit dem die Vereinigung Flagge zeigen will. „Dieser Zusammenschluss ist der erste dieser Art in der Republik“, sagt City-Managerin Bettina Fuchs, „es ist eine Antwort auf die viel gehörte Klage, dass Städte und ihr Einzelhandel durch die vielen Filialisten so uniform geworden ist.“

In dieser Kerbe schlägt auch die Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbandes, Sabine Hagmann: „Kommunen müssen endlich auch klare Zeichen für den stationären Handel setzen, die über Lippenbekenntnisse hinausgehen.“ Indirekt ist dies eine Steilvorlage für ihren Präsidenten Horst Lenk sowie den ersten Bürgermeister Michael Föll, die beide an der Podiumsdiskussion unserer Zeitung (4. November, 19.30 Uhr) im Event-Center der Sparda-Welt teilnehmen. Das Thema an diesem Abend lautet: „Milaneo und Gerber – Kannibalismus im Einzelhandel?“ Rainer Bartle, ebenfalls auf dem Podium, wird als Platzhirsch sicher Antworten auf die Frage finden.