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Bei der Rallye Allgäu–Orient geht's im Auto in elf Tagen von Deutschland nach Jordanien.

Stuttgart - Sie nennen sich Wüstensterne oder Benztown-Beduinen. Sie haben rund 6000 Kilometer und ein großes Abenteuer vor sich. Ihr Ziel ist die jordanische Hauptstadt Amman. Dort bekommen die Sieger ihren Preis - ein Kamel. Und sie verlieren ihre Fahrzeuge, die für einen guten Zweck versteigert werden.

Patrick Planing, 26-jähriger Ingenieur bei Daimler in Sindelfingen, ist ein Wüstenstern. Kollege Matthias Kuhn (30) auch. Sie werden in einem betagten Mercedes-E-Klasse-Kombi die weite Reise antreten. Ihr Gepäck besteht aus Ersatzteilen, Werkzeug und Campingutensilien. Übernachtet wird im Zelt. Aber auch ein Rollstuhl, Kinderkleidung und Spielzeug sind dabei. Die Fracht und auch der Siegerpreis zeigen - das Rennen, das am 30. April in Oberstaufen im Allgäu gestartet wird, ist kein gewöhnliches: "Es ist vom Geist her eine noble Rallye", meint Kuhn.

Den Rollstuhl nehmen Planing und Kuhn für behinderte Kinder in einem Heim in Syrien mit. "Der Rollstuhl ist eine der Aufgaben", erzählt Planing. Alle Teilnehmer, das sind gut 100 Teams mit annähernd 600 Menschen, sollen einen im Gepäck haben. Und möglichst weitere sinnvolle Sachen für die arme Bevölkerung organisieren. Die Wüstensterne hoffen, über einen Sponsor noch Brillengestelle zu bekommen.

Die Teilnehmer der 5. Rallye Allgäu-Orient stammen meist aus Deutschland, aber auch aus Österreich, der Schweiz und 13 weiteren Ländern. Zehn Teams sind in der Region Stuttgart zu Hause - so wie die Wüstensterne, die mit insgesamt drei Fahrzeugen und sechs Abenteurern dabei sind. Oder die Benztown-Beduinen, die das größte Kontingent im Feld stellen: sechs Autos und zwölf Piloten, darunter zwei Frauen.

Klaus Hartmann, 31-jähriger Kaufmann bei Daimler, ist ein Benztown-Beduine. Der Stuttgarter verspricht sich von der Rallye "eine Menge Gemeinschaftssinn und abenteuerliche Begegnungen". Letztere spätestens dann, wenn es nach Kroatien über Mazedonien und Albanien, Griechenland und die Türkei in den Orient geht. Die Route können die Teilnehmer selbst wählen. Es gibt unterwegs nur zwei feste Treffpunkte: Istanbul und Damaskus, die Hauptstadt Syriens.

Nichts für weicheier: Die Spielregeln sind einfach aber hart

Das Stuttgarter Großteam geht das Abenteuer mit fünf Mercedes-Kombis und einer Limousine ab Baujahr 1985 an. Hartmanns Ehefrau Manuela ist mit von der Partie. Und wird als Benztown-Beduinin ihrem Arbeitgeber kurzzeitig untreu. Die 28-Jährige ist bei Audi beschäftigt.

Die Rallye ist eine Tour über Schotterpisten und durch Wüsten. Wer sich das antut, muss eine besondere Liebe zum Auto und Abenteuer haben. "Die Belastung ist sicher extrem. Wir sitzen bis zu 14 Stunden am Tag im Auto", sagt Hartmann. "Die Spielregeln sind recht einfach, aber hart und nichts für Weicheier und Leute, die Pauschaltourismus suchen", meint der Veranstalter. Autobahnen und Mautstraßen sind tabu, Navigationsgeräte auch. Nur Fahrzeuge, die mindestens 20 Jahre alt sind oder nicht mehr als 1111,11 Euro wert, sind zugelassen.

Mit den Einsern hat es das Oberstaufener Organisationsteam um den Journalisten Wilfried Gehr. Schließlich ist alles aus einer "Schnapsidee" entstanden. "Ein bezahlbares Abenteuer mit kalkulierbaren Risiken für positiv verrückte Menschen" sollte das Rennen mit etlichen Prüfungen werden. So beträgt das Startgeld pro Teilnehmer 111,11 Euro, die Übernachtung darf durchschnittlich höchstens 11,11 Euro kosten. Die Benztown-Beduinen, die unter anderem 40 Fußbälle, 500 Baseballkappen und kistenweise Spielzeug an Bord haben, wollen in den Kofferräumen ihrer mit Dachboxen ausgestatteten Autos schlafen. Und sie hoffen wie die Konkurrenten von den Wüstensternen, dass Geld und Zeit mal für eine Nacht im Hotel reichen. "Wir haben", so Hartmann, "mit 2500 Euro pro Person kalkuliert".

Alle müssen sich ranhalten, um am 10. Mai in Jordanien zu sein. Tags darauf endet die Rallye mit einer Wüstensonderprüfung in Wadi Rum. Dann bleiben einige Tage, um Land und Leute zu erleben und sich zu erholen. Die Siegerehrung ist am 16. Mai in Amman. Zurück geht es dann im Flugzeug. Denn die sorgsam für die Höllentour hergerichteten betagten Karossen bleiben in Jordanien - so wie die Siegprämie, das Kamel. "Es gehört dem Gewinner, wird aber einem Beduinen gegeben. Der Sieger hat ewiges Besuchsrecht", sagt Wüstenstern Planing.

Die Rallye-Teams haben durchweg Internetseiten eingerichtet. Die Daimler-Ingenieure berichten über ihr Abenteuer unter www.wuestensterne.de, das Stuttgarter Großteam hat die Adresse www.benztown-beduinen.de. Mehr über die Veranstaltung bei www.allgaeu-orient.de.