Kuscheln wie die Eskimos: Eine Nacht auf Rentierfellen im Iglu ist ein besonderes Erlebnis. Foto: Igludorf

Schlafen wie die Eskimos: Am Allgäuer Nebelhorn gibt es den Winter über eine Iglu-Lodge.

Die Bergspitzen leuchten im letzten Sonnenlicht, in den dunklen Ecken des Firmaments sehen wir die ersten Sterne. Und uns wird kühl, auf 2000 Meter Höhe, in einer Bergmulde am Oberstdorfer Nebelhorn. Die Bergflanken starren vor Schnee und Eis, ein schneidender Wind kündigt eine zapfenkalte Nacht an. Zeit für ein Schlafquartier.

Wir stapfen durch den Schnee darauf zu: einige weiße Höcker, mit Triebschnee schon fast zugeweht, beige Holztüren kennzeichnen die Eingangslöcher. Die Iglu-Lodge des Matthias Lenz. Der 28-Jährige, drahtig wie ein Skilehrer und mit deren gewinnendem Lächeln, empfängt uns in einer dünnen Jacke. "Ihr werdet nicht frieren", muntert er unsere achtköpfige Gruppe auf und bittet zum Aufwärmen in die Bar. Das ist ein Iglu mit gut acht Meter Durchmesser. Ringsum fellbedeckte Eisbänke, Holztische, Holzklötze, an der Stirnwand ein Bartresen aus Eis, oben sogar aus durchsichtigem. Dahinter sind auch zwei Kühlschränke. Das erinnert an den Witz von dem besten Verkäufer ("Der, der den Eskimos Kühlschränke andreht"). "Kein Witz", sagt Matthias Lenz. "Die brauchen wir, damit die Getränke nicht einfrieren." Ja, wie kalt ist es hier drin? "Null Grad, wenn die Türen zu sind." Und das Feuer, das in einem Kamin lodert, genährt von dicken Holzstapeln? Alles nur Eis-Skulptur. Fünf Steinmetze haben Figuren und Tiere in die Wände gemeißelt, alle Iglus sind so verziert.

Markus Dodier, einer aus dem Iglu-Team, drückt uns Glühwein oder Tee in die Hand. Der Chef erzählt von seinem Unternehmen Iglu-Lodge. 100000 Euro haben der Betriebswirtschaftler Matthias Lenz und sein Partner Michael Pruss vor allem für Maschinen investiert und die Iglus im vergangenen Winter erstmals gebaut. Weil Räume wie die Bar, das Restaurant-Iglu und eine Halle namens Event-Iglu zu mächtig für die traditionelle Schneeblock-Bauweise sind, haben die Iglu-Bauer Ballonformen aufgestellt und mit der Fräse Schnee darauf geblasen. Dabei verändert der Schnee seine Zusammensetzung. "Der wird hart wie Beton", sagt Matthias Lenz und beruhigt so alle, die an die meterdicke Last auf der Decke denken.

Abendessen. Käsefondue köchelt. Wir sitzen da in Daunenjacken, Reißverschluss hochgeschlossen, Skitourenhosen, Winterstiefeln, Mütze tief über die Ohren gezogen. Trotzdem sind die Füße schon kalt, und manche ziehen die Arme enger an den Leib. Zum Aufwärmen sollen wir uns ausziehen. Und dann rein in die Badeklamotten und einen Whirlpool im Freien – das Wasser dampft bei 40 Grad. Das heizt so auf, dass selbst das Abtrocknen im Freien keine Gänsehaut macht.

Ab ins Schlaf-Iglu. Wir bücken uns und stoßen uns hinter der Tür trotzdem den Kopf an. Die Iglus sacken zusammen, hinter der hohen Holztür ist der Eingang zu einem Durchschlupf geschrumpft. Zwei Kerzen in Wandnischen leuchten das Lager aus: ein Eisblock von Doppelbettgröße, gepolstert mit Matratzen und Rentierfellen. Zwei gelbe Schlafsäcke liegen aus. Arg dick sehen sie nicht aus – und alles fühlt sich klamm und kalt an. Trotzdem schlüpfen wir nur mit Skiunterwäsche in den Schlafsack. Tatsächlich wird es nach einigen Minuten gut warm.

Wer einen Schlafsack gewohnt ist, wird also ganz vertraut schlafen. Viel ungewohnter sind die Schwärze der Nacht und die Stille. Und der Blick in den Sternenhimmel. Der lässt sich nicht umgehen, waren es doch ein paar Tees zu viel. Also rein in die kalten Stiefel, nur eine Jacke drüber, raus, rüber zum Toiletten-Iglu. Etwa minus zehn Grad Celsius hat es – aber der Schlafsack hat so gewärmt, dass die überraschend erträglich scheinen. Bleibt Zeit, um den Kopf zu heben. Die Milchstraße spannt sich über den Himmel, die Sternbilder leuchten intensiv, der Schnee reflektiert so viel Licht, dass die Stirnlampe ausbleiben kann.

Am Morgen hilft nur der Wecker. Im Iglu-Dunkel verliert man jedes Zeitgefühl. Wir haben gut geschlafen. War unkompliziert, ziehen wir ein Fazit. Nur sollte man den Kopf weg von der Wand legen. Denn die Haare kleben schnell und hartnäckig am Eis fest. 

Iglu-Lodge Oberstdorf

Adresse
Die Iglu-Lodge wird ab Mitte Dezember in der Nähe der Bergstation der Nebelhornbahn in Oberstdorf gebaut (Nebelhornstraße 67, 87561 Oberstdorf). Parkplätze gibt es an der Talstation. Die Saison startet am 28. Dezember und dauert – schneeabhängig – bis zum 5. April. Infos unter www.iglu-lodge.de.

Preise
Die Übernachtungskosten unterscheiden sich je nach Wochentag, Größe des Iglus und danach, ob Zusatzservice wie zum Beispiel eine exklusive Whirlpool-Benutzung am Nachmittag gewünscht ist. Pro Person werden 109 bis 249 Euro fällig. Dazu kommt noch die Bergbahnkarte, Sonderpreis 18,50 Euro.

Ausrüstung und Sicherheit
Die Lodge stellt Schlafsäcke mit Kunstfaserfüllung. Die halten warm und sind für die, die lieber mit gemeinsamer Körperwärme der Kälte trotzen, auch koppelbar. Für die übrige Zeit gilt: warm anziehen. Es gibt eine mit Duschvorhang verhängte Sitztoilette pro Geschlecht, kein Wasser. Man sollte also nicht zu zimperlich sein. Mindestens einer aus dem Iglu-Team bleibt über Nacht da und schaufelt etwa bei Schneesturm die Iglu-Eingänge wieder frei. Thema Lawinen: Die Iglus liegen zwar am Fuße eines beeindruckend steilen Hangs, aber hinter einer Kuppe. Absolut geschützt, sagen die Betreiber.

Weitere Anbieter
Iglu-Hotels sind ein Trend in den Alpen. In Deutschland, der Schweiz und Österreich gibt es einige Anbieter, zum Beispiel www.white-lounge.at, www.alpeniglu.com oder www.iglu-dorf.com.