Wer fischt denn da am rechten Rand? Und wie lange noch? Foto:  

Ja wo leben wir denn? Selbst Rechtspopulisten wollen neuerdings auch nicht mehr immer das sein, was wir dachten, dass sie es sind.

Kreis Ludwigsburg - Früher war alles einfacher: drüben die doofe DDR, hier die soziale Marktwirtschaft; hier der böse Ausländer, der uns die Arbeitsplätze wegnimmt, dort der gute Deutsche, der unbeobachtet in der Wahlkabine am rechten Rand Kreuzchen macht. Diese Zeiten sind jetzt vorbei. Heute leben wir in Zeiten, in denen rechts geblinkt und dann schamlos links abgebogen wird. In Zeiten, wo selbst Rechtspopulisten keine Rechtspopulisten mehr sein wollen.

Nehmen wir zum Beispiel Harald Lettrari, auf dem aus Gründen der bloßen Parteizugehörigkeit (Ex-„Republikaner“) ein „Igitt“-Etikett klebte. Aber was macht der Mann im Ludwigsburger Gemeinderat? Tut sich nie durch xenophobe Äußerungen hervor, eher durch konstruktive Beiträge und Pragmatismus. Selbst die Grünen sind vor ihm nicht sicher und munkeln bereits: „Wir müssen aufpassen, dass er uns jetzt nicht umarmt.“

Wo bleibt die Hetze?

Ganz ähnlich verhält es sich mit Ulrich Deuschle, dem Rep-Vertreter beim Verband Region Stuttgart. Ausländerfeindliche Hetze? Hört man von ihm eigentlich nicht. Stattdessen punktet er durchaus mit Sachverstand und spricht Themen an, die der Mainstream links liegen lässt.

Und jetzt das: in Sachsenheim will ein vermeintlicher AfD-Vertreter kein Vertreter der AfD mehr sein. Roland Mackert, der – was die Sache noch komplizierter macht – einst für die SPD im Sachsenheimer Gemeinderat saß und seit 2014 dort die „Alternative für Deutschland“ vertritt, will den Gemeinderat verlassen. Das darf er , weil er schon älter als 62 Jahre ist und nicht zum Ehrenamt verdonnert werden kann. Jüngere müssen dafür schon krank werden oder weit weg ziehen oder wenigstens Außenhandelsvertreter eines global agierenden Konzerns werden.

Bei Mackerts Nachrücker ist die Sache sogar noch komplizierter: Mackert ist ein Stadtrat, der nicht mehr SPD, sondern AfD sein wollte und jetzt gar kein Stadtrat mehr sein will. Sein designierter Nachfolger, Kay Plambeck-Fischer, soll am Donnerstag nominiert werden. Der Kleinsachsenheimer ist ein bekannter Gegner von Biogasanlagen im Allgemeinen und der Biogasanlage in seiner direkten Nachbarschaft im Besonderen, der einst für die AfD-Liste kandidierte.

Rechts kandidieren, links antreten!

Und jetzt, nachdem er die zweitmeisten Stimmen für die Liste einheimste? Will er mit der AfD nichts mehr zu tun haben! Klingt unglaublich bis unmöglich – ist aber wahr und machbar. Gemeinderatswahlen sind grundsätzlich – anders als etwa beim Landtag oder der Regionalversammlung – Persönlichkeitswahlen. Gewählt wurde Kay Plambeck-Fischer und nicht irgend ein austauschbarer AfD-Strohmann.

Und wenn dieser Herr Plambeck-Fischer nun mal nicht mehr die Positionen der AfD vertreten will (was, so hört man, viele AfD-Mitglieder auch nicht tun), dann darf er das. Rechts blinken, links abbiegen? Passender wäre: rechts kandidieren und links das Mandat antreten!

Wenn das kein Modell für die nächste Kommunalwahl ist . . .