Herakles war kein Landrat im Lendenschurz. Foto: StZ

Auch Landräte können Helden sein. Die Art, wie Rainer Haas die Schließung zweier Krankenhäuser taktisch angeht, erinnert stark an einen antiken Griechen namens Odysseus.

Strategie - Die Zeitungsmacher müssen täglich eine Sau durchs Dorf treiben. Und politische Machthaber müssen hin und wieder unpopuläre Entscheidungen durchdrücken, Widerstände überwinden – kurz: eine Sau erlegen. Dabei ist ein Blick in die antike Mythologie stets hilfreich, um die Dinge besser einordnen zu können. Der griechische Held Herakles musste bekanntlich fiese Aufgaben erledigen, zum Beispiel den Erymanthischen Eber zur Strecke bringen, der die Gegend rund um den Berg Erymanthos mit seinem wüsten Gehabe böse verwüstete.

Was das mit dem Ludwigsburger Landrat Rainer Haas zu tun hat? Nun ja, auch Haas hat allerhand heroische Aufgaben zu erfüllen. Zum Beispiel hat er es seit einiger Zeit mit den beiden Quasi-Erymanthischen Kliniken in Vaihingen/Enz und Marbach zu tun, die die Gegend rund um den Geldhaufen des Kreiskämmerers mit ihrem grassierenden Defizit zu verwüsten drohen. Und was tut der Landrat? Ran an die Sau, zack und fertig? Nein! Haas’ Vorbild scheint eher Odysseus zu sein.

Trojanische Weihnachtspute

Der altgriechische Vordenker bei der Schlacht um Troja war bekanntlich kein Haudrauf, sondern ein ausgefuchster Stratege. Sein Metier sollen List und Tücke gewesen sein. Er ließ den Bauch des sprichwörtlichen Trojanischen (Holz-)Pferdes mit griechischen Soldaten füllen (so wie Mutti die Weihnachtspute mit allerhand Kalorienbomben füllt) – der Rest dürfte bekannt sein: Schluss mit Troja.

Nun hätte der Landrat Haas natürlich auch den Stier bei den Hörnern packen können und schon dieses Jahr verkünden können: „Leute: die beiden Kliniken in Vaihingen und Marbach könnt ihr euch abschminken!“ Aber dann wäre Haas ruckzuck quasi gefangen zwischen Scylla und Charybdis gewesen – zwei schrecklichen Ungeheuern in Gestalt von Kreisräten aus dem Raum Vaihingen UND aus der Umgebung von Marbach. Beide zusammen hätten den Landrat sicher zur Strecke gebracht wie Herakles den Eber.

Gegner zerfleischen sich gegenseitig

Also: Odysseus-Strategie. Erst wird das Krankenhaus Vaihingen mit einem Trojanischen Pferd (Umwandlung in eine Tagesklinik) zu Fall gebracht. Und zwar mit der Unterstützung der Marbacher Kreisräte, die dachten, mit der Schließung von Vaihingen sei Marbach, dank geriatrischem Schwerpunkt, gesichert. Falsch gedacht! Kürzlich hat der Landrat anklingen lassen, dass man schon eine Geriatrie im Kreis brauche, aber die müsse ja nicht in Marbach sein, sondern sei sicher auch in Bietigheim gut aufgehoben.

Und was passiert? Die Kreisräte aus Marbach und Umgebung echauffieren sich – aber sie kriegen Null politische Unterstützung von den (beleidigten) Vaihingern mehr, die das Haus in Marbach mit keinem Cent Kreisumlage mehr unterstützen wollen. Die beinahe antik angehauchte Kriegskunst des Landrats zeitigt Wirkung. Wer seine Feinde nicht auf einmal besiegen kann, teilt sie auf und wartet, bis sie anfangen, sich selbst zu besiegen.