Lasset die Sonne nicht hinter Eurem Schirm untergehen, spricht die Bibel! Foto: dpa

„Brauchste Kohle oder was?!“ Wer mit Behörden korrespondieren darf, für den ist immer Hochsaison. Von Jahreszeitenverschiebungen und dem coolen Jobcenter-Bro von nebenan...

Bürokratie - Unser amtliches Behördendeutsch zählt zu den schönsten Erbstücken unseres guten, alten Wilhelminischen Zeitalters. „Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat“, heißt es blumig in Paragraf 1591 des Bürgerleichen Gesetzbuches. Damals, als es noch keine Elektrobriefe gab, definierte die Deutsche Post, was ein Wertsack (nicht zu verwechseln mit dem reichen Erbonkel) ist: „Der Wertsack ist ein Beutel, der auf Grund seiner besonderen Verwendung nicht Wertbeutel, sondern Wertsack genannt wird, weil sein Inhalt aus mehreren Wertbeuteln besteht, die in den Wertsack nicht verbeutelt, sondern versackt werden.“

Solche Versaubeutelungen der deutschen Sprache gibt es heute, dem Regierungsinspektor sei Dank, nicht mehr. Heute bedienen sich Behörden mehr und mehr der Alltagssprache, gerne auch garniert mit kleinen Gossen-Einflüssen. Nehmen wir nur das Jobcenter Ludwigsburg. Dort werden die knapp 5200 Langzeitarbeitslosen im Landkreis Ludwigsburg mit höflichen, dezent formulierten Briefen – wie sagt der Schwabe? – genau: versäckelt.

Schlafen auf dem Lehmboden?

So hat unlängst ein Mensch aus dem Kreis, der Grundsicherung (Hartz IV) bezieht, Post von seiner persönlichen Beraterin erhalten. Der Mann hatte es gewagt, nach vielen Jahren mit seiner Familie aus Brasilien wieder in den Kreis zu ziehen – und das, obwohl er keinen Job hat. Dann bettelte er die Behörde auch noch um Geld für einen Kinderwagen und Möbel an. Was antwortet die duldsame Behörde da? Man fragt erst mal, wo die Möbel in Brasilien geblieben sind, „hat er die Möbel an Bekannte gegeben, einfach in der dortigen Wohnung zurückgelassen oder was?“, heißt es in einem amtlichen Schreiben mit dem Briefkopf des Landratsamts. Weiter geht’s im frostigen Tonfall an den Anwalt des Klienten: „Ich gehe zudem davon aus, dass Ihr Mandant und seine Familienangehörigen auch in der Zeit in Brasilien nicht auf dem Lehmboden geschlafen haben und die Kleidung in Ecken auf dem Boden herumgelegen hat.“

Das ist Kundennähe, da hüpft das Herz des Hartz-Beziehers! Als Anrede („Greetz“) für künftige Briefe an junge Erstleistungsbezieher („Abzocker“) schlagen wir vor: „Ey, Digger! Brauchst Kohle oder was?! Kannst erstma vergessen!“ Das ist heiter und verletzt nicht. Dem Landratsamt ist der Tonfall der Sachbearbeiterin übrigens (völlig zu unrecht) peinlich. „Freundlich und fundiert“ solle mit dem Kunden korrespondiert werden, teilt der Sprecher Andreas Fritz mit, der Tonfall in diesem Fall halte „bedauerlicherweise diesem Standard nicht stand“ und sei „so auch nicht angemessen“.

Schwitzen gilt nicht!

Kommen wir zum Wetter! Ist Ihnen in letzter Zeit auch immer ein bisschen warm? Leiden Sie mitunter unter unkontrollierbaren Schwitzattacken? Dann haben Sie zweifellos Fieber! Draußen ist es nämlich gar nicht so heiß, wie unseriöse Thermometer behaupten. Wir haben ja noch Frühling. Müssen wir jedenfalls. Denn das Regierungspräsidium Stuttgart hat mehrfach betont, dass das Genehmigungsverfahren für die B-10-Umfahrung in Enzweihingen „noch im Frühjahr“ starten solle. Gestartet ist aber noch nichts, also kann es auch noch nicht Sommer sein.

Oder doch? Der Behördensprecher Matthias Kreuzinger räumt auf Anfrage ein, dass es zu Verzögerungen gekommen sei. Insbesondere weil noch immer ein neuer Standort für die Straßenmeisterei gesucht werde, die dem großen (manche sagen: monströsen) Verkehrsknoten am Vaihinger Eck im Weg ist. „Voraussichtlich im Herbst 2016“ solle es nun losgehen.

Wie heißt es so schön auf Behördendeutsch? „Ey, Alder, Shit happens!“