Leuchtend pink, rot und gelb: Barbara Müller prüft die Chrysanthemen im Gewächshaus Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Viele Menschen gedenken an Allerheiligen und Allerseelen ihrer Verstorbenen und schmücken die Gräber mit Blumen. Nach wie vor beliebt sind Chrysanthemen. Saison hat die sogenannte Kurztagespflanzen dann, wenn die Tage kürzer werden: im Herbst.

Stuttgart - Der Blick in die Gewächshäuser der Gärtnerei Müller ist in diesen Tagen eine Augenweide. Großblumige Chrysanthemen mit ballförmigen Blüten in satten Farben, so weit das Auge reicht. Die typischen Friedhofsblumen sind vor allem an den bevorstehenden katholischen Totengedenktagen Allerheiligen und Allerseelen ein beliebter Grabschmuck. Nach wie vor, obwohl in diesem Jahr der Trend auf den Gräbern zu in die Erde gepflanzten Erika- und Gräser-Kompositionen geht.

Die XXL-Chrysantheme beziehungsweise aus ihr gebundene Sträuße sind seit je ein richtiger Hingucker und knalliger, unübersehbarer Farbtupfer auf herbstlichen Friedhöfen. Die Blüte der sogenannten Kurztagespflanze stellt an den Gärtner hohe Ansprüche. In Stuttgart-Feuerbach hat sich die Gärtnerei von Uwe Müller als einzige auf die großballigen Chrysanthemen der Sorte Indicum spezialisiert. Bereits in der dritten Generation. Müller erklärt, was es mit dem Namen Kurztagespflanze auf sich hat: „Die Pflanze kommt just dann zum Blühen, wenn der Tag kürzer wird. Das ist jetzt im Herbst der Fall.“ Bis dahin macht sie dem Gärtner viel Arbeit, denn ihre Seitentriebe müssen mehrmals in Handarbeit ausgebrochen werden. So kommt es zu dem langen Stiel.

Der warme Herbst hat die großen Blütenballen dieses Jahr etwas früher aufblühen lassen als sonst. Jetzt, zu Allerheiligen an diesem Samstag, sind sie auf vielen Gräbern ein leuchtender Blumenschmuck. Manche Friedhofsgärtner bringen sie sogar auf Bestellung am Morgen des Feiertags schnittfrisch auf die Gräber. Das garantiert, dass die Blüten über Nacht keine Feuchtigkeit ziehen und schwer werden. Bei trockener Witterung kann der Blütenball bis zu zwei Wochen prall und kräftig in der Farbe bleiben, sagt Müller.

Viele Gärtner und Blumengeschäfte in Stuttgart und in der Region setzen auf Chrysanthemen aus heimischem Anbau. „Der weite Transport aus Holland tut den Blüten nicht gut“, sagt zum Beispiel Gerhard Keller von der gleichnamigen Friedhofsgärtnerei in Oeffingen. Er ist zufriedener Kunde bei Uwe Müller auf dem Großmarkt.

Bis zu 15 Zentimeter und sogar noch größer könne als Blütendurchmesser erreicht werden, erklärt der promovierte Agrarwissenschaftler Uwe Müller, der jeden Morgen auf dem Stuttgarter Großmarkt und natürlich auch in der eigenen Friedhofsgärtnerei in Feuerbach die Goldblumen, wie Chrysanthemen im Volksmund genannt werden, anbietet.

1500 Quadratmeter groß ist die Fläche, auf der er sie in Gewächshäusern heranzieht. Gepflanzt wird im Sommer, ab August bilden sich die Blüten. Deren Farben sind satt und von großer Leuchtkraft. Das gilt für das cremige Weiß, das helle und dunkle Rosa, ein kräftiges Lila, aber vor allem für das helle Gelb und ganz speziell für das Dottergelb, klassisch für die „katholische Friedhofsblume“. Müller hat all diese Farben in verschiedenen Blütenformen – flach mit Blütenblättern wie ein Löffel, ballförmig oder als Spinnenchrysanthemen, deren Blütenblätter sich rollenförmig zeigen – in seinem Sortiment. Schon Großvater Paul hat mit dem Pflanzen von Chrysanthemen, die zur Familie der Korbblütler gehören, begonnen, die Zucht hat er – wie jetzt auch sein Enkel – anderen überlassen.

Fünf bis neun Mitarbeiter beschäftigt Müller heute in seiner Gärtnerei. Er selbst ist jeden Morgen auf dem Großmarkt und dann oft auf dem Friedhof bei der Gräberpflege, seine Frau Barbara ist im Laden. Mit Sohn Max steht bereits die vierte Generation in den Startlöchern, allerdings erst nach dem abgeschlossenen Studium in Hohenheim. „Er macht’s wie der Vater“, sagt Müller.

Für die  großblütige, etwa acht Zentimeter große Einzel-Chrysantheme als Schnittblume zahlt der Kunde in diesem Jahr ab 1,50 Euro aufwärts. Damit die Freude an ihnen lange anhält, gibt Chrysanthemen-Spezialist Müller ein paar Tipps. Die Blumenvase sollte peinlichst sauber und mit frischem, kaltem Wasser gefüllt sein, das zweimal in der Woche gewechselt wird: „Sobald das Wasser grün und schleimig wird, verstopft es die Leitungsbahnen im Blütenstängel.“ Chrysanthemen sind bei Schnecken ausgesprochen beliebt, weiß Müller. „Aber dagegen kann man auf dem Friedhof nicht wirklich viel unternehmen“, sagt der Feuerbacher Gärtner, dessen Gärtnerei noch für zwei weitere „Spezialitäten“ bekannt ist: Hortensien und Narzissen. Letztere läuten bereits an Weihnachten in den Gewächshäusern im Feuerbacher Tal den Frühling ein.