Alina Kerner ist mit Schafen und Hütehunden aufgewachsen. Am Mittwoch ist sie auf dem Hohenneuffen zur neuen Lammkönigin gekrönt worden. Foto:  

Die 19-jährige Alina Kerner aus Owen ist in den nächsten beiden Jahren die Botschafterin für Lammfleisch aus Württemberg und für die Schäfer. Die können jede Unterstützung gebrauchen, denn sie haben mit Problemen zu kämpfen.

Owen - Es könnte kaum einen besseren Ort für die Proklamation einer königlichen Hoheit geben als die Burgruine Hohenneuffen. Und so war am Mittwoch ein stimmiger und erhabener Rahmen geschaffen, um Alina Kerner aus Owen die Krone der 7. Württemberger Lammkönigin aufzusetzen. In den kommenden zwei Jahren wird die 19-jährige aus Owen Botschafterin für die Lammfleischerzeugergemeinschaft in Baden-Württemberg sein und für deren Produkte und den Berufsstand werben.

Schäfer haben es zunehmend schwerer

Letzterer kann jede Unterstützung brauchen. Denn für Schäfer wird es zunehmend schwerer, mit diesem Beruf ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Mit der Wolle ist kein Gewinn mehr zu erzielen, die Weideflächen werden durch den Strukturwandel immer weniger und kleiner und der Konkurrenzdruck durch importiertes Fleisch ist groß. Die Folge: in Baden-Württemberg gibt es laut dem Landesschafzuchtverband zurzeit nur noch rund 220 000 Schafe, vor gut zehn Jahren waren es noch 30 Prozent mehr. Der Selbstversorgungsgrad beim Lammfleisch liegt in Deutschland bei gerade einmal knapp 50 Prozent. Einschließlich staatlicher Fördermaßnahmen verdient ein Schäfer zurzeit 6,68 Euro pro Stunde. Und dennoch „lohnt es sich, für diesen Beruf zu kämpfen“, sagt Alfons Gimber, der Vorsitzende des Landesschafzuchtverbands und seit Ende Mai auch Vorsitzender der Vereinigung deutscher Landesschafzuchtverbände, mit Überzeugung.

Eine Frau vom Fach

Mit Alina Kerner ist eine Frau vom Fach für das repräsentative Amt gefunden worden. Sie stammt aus einem traditionellen, von ihrem Großvater gegründeten Wanderschafhaltungsbetrieb in Owen, den inzwischen ihre Mutter führt. Sie kennt das Metier also sehr genau, ist mit Schafen und Hütehunden aufgewachsen. Nach dem Abitur war sie zudem ein halbes Jahr in Neuseeland, wo sie Praktika auf großen Schaffarmen absolvierte. Zwei Jahre auf verschiedenen Veranstaltungen für das Lammfleisch zu werben, sei sicherlich anstrengend, prognostiziert Alfons Gimber, „aber Schäfertöchter sind das gewöhnt und halten das locker aus.“ Er ist sicher, dass Alina Kerner dieser Aufgabe gewachsen ist.

Die Politikerin Friedlinde Gurr-Hirsch (CDU) weiß, was Produktköniginnen leisten müssen. Schließlich war die Staatssekretärin des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in den 1970er-Jahren selbst Württembergische und sogar Deutsche Weinkönigin. In Alina Kerner sieht sie die ideale Botschafterin für das Lammfleisch vom Württemberger Schaf. Denn es gelte, für dieses die Werbetrommel zu rühren und Überzeugungsarbeit für die Qualität des regionalen Produkts zu leisten.

Schafe sind wichtige Pfleger der Kulturlandschaft

Es müsse ins Bewusstsein der Verbraucher gerückt werden, dass Qualität ihren Preis habe, sagte Gurr-Hirsch. „Die Deutschen haben die teuersten Küchen, kaufen aber das billigste Zeug, um es darin zu kochen.“ Zudem sei die Beweidung mit Schafen unabdingbar für die Pflege der Streuobst- und Wachholderwiesen als Kulturlandschaft, erklärte Gurr-Hirsch.

Alfons Gimber ist sogar davon überzeugt, dass dieses Gut ohne die blökenden Rasenmäher „nicht zu erhalten ist“. Schließlich leisteten sie nicht nur einen wichtigen Beitrag gegen die Verbuschung der Flächen, sondern auch zur Erhaltung der Artenvielfalt. So transportierten sie Samen in der Wolle und in den Hufen weiter und sorgten so für die Verbreitung der schützenswerten Pflanzen.

Aus dem Verkauf von Lammfleisch kommen 39 Prozent der Einnahmen

Entsprechend stellt sich auch die wirtschaftliche Situation der Schäfer und Schafhalter dar. Rund 60 Prozent ihrer Einnahmen kommen aus der Landschaftspflege, etwa 39 Prozent aus dem Verkauf von Lammfleisch und ein minimaler Anteil aus der Vermarktung von Wolle und Fell. Die ehemalige Weinkönigin Friedlinde Gurr-Hirsch weiß, dass ein guter Tropfen und Lammfleisch sehr gut harmonieren können. Auch dafür sei mit Alina Kerner die richtige Lammkönigin gefunden worden. Denn die 19-Jährige beginnt im September ein duales Studium bei einem regionalen Weinhändler.