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Ein kleines bisschen Horrorshow: Alice Cooper lockt 3500 Fans in die Porsche-Arena.

Stuttgart - Halloween war letzte Woche - Alice Cooper ist heute. Der 62-jährige Gruselrocker will noch immer schrecken. Sein letztes Album erschien 2008, die Live-DVD "Theatre of Death" in diesem Jahr. Finsteres Theater nun in der Stuttgarter Porsche-Arena, in der Alice Cooper wieder einmal spektakulär stirbt, am Donnerstagabend.

Vielleicht ist es auch Cooper selbst, der an diesem Abend erschrickt: nur 3 500 Fans wollen ihn sehen, in Stuttgart. Das sind 2 000 weniger als bei seinem letzten Auftritt in der Porsche-Arena vor fast zwei Jahren - und das ist nicht genug, um diese Halle zu füllen.

"Theatre of Death" steht auf dem blutroten Vorhang, der gegen 21.15 Uhr die Bühne verhüllt, auf der eben noch Tarja Turunen und ihre Band die Stimmung für Cooper anheizten. Hinter diesem Vorhang rumort eine elektrische Gitarre; dann wird es dunkel, blaues Licht, rotes Licht, der Vorhang fällt und Alice Cooper verkündet erst einmal, umfegt von brutalen Gitarrenriffs, Feedbacks und Schlagzeugrumplern, dass die Schule aus ist. So geht es weiter, nahtlos: ein grelles, theatralisches Stück Rockmusik jagt das nächste. Der klassische Cooper-Sound: fauchend, böse, hämisch und laut. Zwei Gitarren, Bass und Schlagzeug. Henkersgesellen in schwarzen Kapuzen hasten über die Bühne und Alice singt auch dann noch, wenn ihm die Hände auf den Rücken gebunden werden. Nach 20 Minuten rollt die Guillotine heran und der erste Showtod kommt. Bis zum letzten Atemzug kreischt der Sänger: "I've got to get out of here!" Das Beil fällt und schon steht er neugeboren wieder auf der Bühne, böser noch als zuvor, spielt mit Puppen, küsst tote Frauen.

Alice Cooper, der eigentlich Vincent Damon Furnier heißt, ist wahrscheinlich der authentischste aller Retro-Rocker: mit der Auferstehungspraxis, die etliche seiner Hardrock-Kollegen aus den 1970er Jahren jüngst entwickelt haben, verdient er seit jeher sein Geld. Cooper ist schon oft auf der Bühne verschieden und wieder ins Leben zurückgekehrt - kein Musiker hatte so viele Comebacks wie er. Und dabei wird er sich von Jahr zu Jahr selbst immer ähnlicher: andere Stars fürchten angesichts von Falten im Gesicht um ihre Glaubwürdigkeit, Alice Cooper wirkt durch so etwas nur noch echter. Ein fieser Mann mit schwarzem Haar und bleichem Gesicht, der seinem Stock umher wirbeln lässt - Mr. Hyde, der durchs nebelige London spaziert und Opfer sucht. Und seine gerechte Strafe empfängt: in Coopers cartoonesker Horrorwelt existieren Gut und Böse säuberlich getrennt; wer siegt ist klar. Der Sänger mit der sinistren Aura unterstützt eine christliche Stiftung und geht jeden Sonntag brav in die Kirche. Im Leben steht er auf der rechten Seite. Aber auf der Bühne lebt er seit 40 Jahren seine dunkle Seite aus. Er lässt sich im Rollstuhl ins Rampenlicht schieben und von "Nurse Rozetta" pflegen, die sich aufreizend mit dem Winkelschleifer streichelt. Nachdem Alice Cooper Hits wie "Poison" und "School's Out" schon früh am Abend gesungen hat, folgen noch viele krude Gruselmärchen - "Billion Dollar Babies", "I love the Dead" und, ganz zuletzt, noch einmal "School's Out".

Schrecken mag die kleine Horrorschau keinen mehr - unterhalten wird man bei Alice Cooper noch immer gut.