Zwischen Zirkuskuppeln und Katakomben: Alexander Kluge Foto: /Jürgen Bauer

Alexander Kluge, der an diesem Montag seinen 90. Geburtstag feiert, ist einer der vielseitigsten Intellektuellen in der Manege des Geistes. In zwei neuen Büchern bietet er noch einmal alles auf, was seine Kunst vermag.

Stuttgart - Vielleicht hätte aus dem Arztsohn und Juristen Alexander Klugeauch ein Landrat in der hessischen Provinz werden können, mit CDU-Hintergrund, dessen gut dotierte Planstelle ihm genug Zeit gelassen hätte, als Heimatschriftsteller einen Lokalverlag mit Geschichten zu beliefern. Dieses Gedankenspiel findet sich irgendwo im Erzähllabyrinth des neuen Werkes, das eindrucksvoll dokumentiert, welchen Weg der vor neunzig Jahren in Halberstadt Geborene stattdessen eingeschlagen hat: den eines Autors mit Frankfurter-Schule-Hintergrund, eines Gefühlskraftwerkers und Filmemachers, eines Trümmerchronisten, der ein Chaos von Anekdoten, Gedanken, Gesprächsfetzen, Beobachtungen, Nachrichten und Erfindungen zu einer Zusammenhangskunde über den Zustand der Welt bändigt.