Ex-Bachelorteilnehmerin Angelina Utzeri aus Albstadt (Zollernalbkreis) begeistert mit Videos auf schwäbisch in den sozialen Medien Hunderttausende. Warum kommt ihr Dialekt online so gut an? Und können soziale Medien sogar dazu beitragen, die regionale Sprache zu erhalten?
Angelina Utzeri ist nicht nur als Gewinnerin der „Bachelor“-Staffel von 2023 auf RTL mit dem Stuttgarter Rosenkavalier David Jackson bekannt. Die 30-jährige Albstädterin hat sich mittlerweile auch als Content Creatorin auf Instagram und TikTok mit insgesamt über hunderttausend Followern einen Namen gemacht. Ihr Markenzeichen: der schwäbische Dialekt.
In den sozialen Medien erreicht die Wahl-Berlinerin unter dem Namen „Utze“ mit Videos wie „Schwaben beim Einkaufen“ oder „Schwaben und der heilige Sonntagsspaziergang“ Hunderttausend, teils sogar Millionen Menschen. Aber warum kommt ihr Content in den sozialen Medien so gut an, obwohl regionale Sprachen doch immer seltener gesprochen werden?
Alltag auf Schwäbisch?
In ihren klischeebehafteten Videos nimmt Utzeri Alltagssituationen auf die Schippe – vom schwäbischen Valentinstags-Date bis zur Nachbarschaftsliebe der Schwäbinnen und Schwaben. Und das kommt gut an. Unter den Videos sind viele Kommentare wie „Einfach genial bitte mehr davon“ oder „Original, mega“ zu lesen.
Auch wenn der schwäbische Dialekt unter den Videos der 30-Jährigen von ihren Followern gefeiert wird, spielt er für viele Menschen im Alltag eine immer geringere Rolle. J ulia Braun vom Ludwig-Uhland-Institut für Empirische Kulturwissenschaft der Universität Tübingen erklärt, dass besonders in Städten wie Stuttgart, wo überwiegend Zentralschwäbisch zu hören ist, Dialekt oft weniger gesprochen wird.
„Viele Menschen haben eine Migrationsgeschichte und bringen andere Sprachen mit. Dadurch wird der Dialekt seltener von klein auf gelernt“, so Braun. Zudem nähere sich die Sprache in städtischen Regionen zunehmend der Standardsprache – also dem „Wörterbuchdeutsch“ – an, während in ländlichen Gegenden, wie auch Albstadt, noch mehr dialektale Merkmale erhalten blieben.
Dialekt: Ungebildet und uncool
Allerdings werden nicht nur in Städten seltener Dialekte wie etwa Schwäbisch gesprochen, dieser Trend ist auch in ganz Deutschland zu beobachten. Die Sprachwissenschaftlerin nennt in diesem Zusammenhang ein Grundproblem: sprachliche Ideologien, besonders der Standardismus. „Dabei handelt es sich um die Idee, dass die Standardsprache besser, hochwertiger, gebildeter und schöner als der Dialekt ist“, so die Expertin. Das lasse sich aber wissenschaftlich gar nicht halten. Diese Ideologie führe dazu, dass Eltern den Dialekt oft nicht mehr an ihre Kinder weitergeben, weil sie fürchten, diesen so ihre Zukunft verbauen zu können.
Kinder und Jugendliche wiederum würden keinen Dialekt mehr lernen wollen, weil dieser nicht als „cool“ wahrgenommen werde, so Braun. Laut einer 2023 veröffentlichten Untersuchung an baden-württembergischen ersten und zweiten Klassen, beherrschen nur 32 Prozent der Kinder eine regionale Sprache. Das Fazit des Autors der Untersuchung ist eindeutig: Die sprachliche Entwicklung geht Richtung Dialektverlust.
Dennoch große Beliebtheit
Dialekt ist für viele also nicht mehr „cool“. Warum also kommen die Videos der Albstädterin Utzeri auf Instagram und TikTok so gut an? Laut der Content Creatorin, die mittlerweile in Berlin lebt – genauer gesagt, in Prenzlauer Berg, das als „Schwaben-Viertel Berlins“ bezeichnet wird – klingt speziell Schwäbisch einfach süß und „schnuckelig“. Utzeri glaubt, dass viele Menschen den Dialekt sympathisch finden und dadurch so etwas wie Zugehörigkeit empfinden.
Sprachwissenschaftlerin Braun, die unter dem Namen „julialinguistin“ selbst einen Social-Media-Kanal zum Thema Sprache führt, erklärt, dass in sozialen Medien Dialekt gepaart mit Humor eine häufige Kombination ist, die sehr gut ankommt.
„Was man kaum findet, sind ernsthafte Inhalte im Dialekt gesprochen, zumindest nicht in Deutschland“, so die Mitarbeiterin des Ludwig-Uhland-Instituts in Tübingen. Man finde aber eben immer wieder Leute, die lustige Videos mit Dialekt machen und mit dem Zusammenspiel aus Dialekt und Humor eine große Reichweite erzielen würden.
Hoim oder hoam?
Außerdem erklärt die Expertin, um welches Schwäbisch es sich bei dem der Content Creatorin aus Albstadt handelt. „Frau Utzeri spricht einen zentralschwäbischen Dialekt. Interessanterweise hat sie aber in einem Video für heim sowohl „hoim“, als auch „hoam“, gesagt.“
Das lässt sich laut Braun damit erklären, dass Albstadt, die Heimatstadt von „Utze“, genau an der Grenze der beiden Dialektregionen Zentralschwäbisch und Westschwäbisch liegt.
Kann Social Media Schwäbisch retten?
Die Videos von Utzeri erreichen in der Regel mehrere Hunderttausend Menschen, teils sogar Millionen. Könnten soziale Medien wie Instagram und Co. also dazu beitragen, Dialekte zu erhalten? Schwer zu beurteilen, sagt Sprachwissenschaftlerin Braun. Sie sei ja keine Prophetin, könne aber die Stellschrauben erklären, die dazu beitragen würden, den Dialekt zu bewahren.
„Wenn soziale Medien dazu führen, dass Dialekt nicht mehr mit negativen Stereotypen in Verbindung gebracht wird und das dafür sorgt, dass immer mehr Kinder Dialekt sprechen, dann könnte es sein, dass Dialekte uns noch etwas länger erhalten bleiben“, so die Sprachwissenschaftlerin.
Utzeri vielleicht bald wieder in der Heimat
Humorvolle schwäbische Videos wird es von Content Creatorin Utzeri auch weiterhin geben – in Zukunft aber wahrscheinlich nicht mehr aus Berlin, sondern aus Baden-Württemberg .
Wäre Stuttgart also eine Option? Für „Utze“ definitiv schon. Sie sagt mit Blick auf ihre aktuelle Wahlheimat Berlin: „Was mir total fehlt, ist die Nähe zu meiner Familie und deswegen werde ich tatsächlich über lang oder kurz auch wieder in den Süden ziehen. Höchstwahrscheinlich sogar nach Stuttgart.“