Albrecht Rittmann lebt seitdrei Jahrzehntenin Korntal. Foto: factum/Weise

Albrecht Rittmann kann viel aus Politik und Verwaltung erzählen. Seine Studenten aber schwört der ehemalige persönliche Referent von Lothar Späth aufs Grundgesetz ein.

Korntal-Münchingen - Eine Wagenburg aus Polizeifahrzeugen verdeckt die Demonstranten auf der anderen Straßenseite, die Blaskapelle übertönt mit einem lauten „Muss i denn, muss i denn zum Städtele hinaus“ die Rufe der demonstrierenden Tibetaner und Exilchinesen. Deren Wut gilt dem chinesischen Staatspräsidenten bei seinem Staatsbesuch im Land Anfang der 1990er Jahre. Doch davon soll der Staatschef nichts mitbekommen, er hätte sich sonst nicht zum Bahnhof begeben. Dann wäre aber auch der Zug zum Termin mit der Kanzlerin abgefahren,

Heimat – ein vielschichtiger Begriff

Manchmal musste Albrecht Rittmann auf die Schnelle Ideen haben, um Eskalationen auf dem politischen Parkett zu verhindern. Vor wenigen Wochen wurde Rittmann zum Honorarprofessor an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg ernannt. Seine Antrittsvorlesung hielt der Christdemokrat über das Bundesministerium für Inneres, Bau und Heimat. Er sprach über die Aktualität des Heimatbegriffs. „Der Begriff hat Konjunktur“, sagt Rittmann, nicht nur weil der Bundesinnenminister Politik mit ihm mache. Der Christdemokrat, der – nicht unüblich für Spitzenbeamte – mit dem Regierungswechsel in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden war, hält nichts davon, mit einem Begriff Politik zu machen. Der Begriff sei nämlich nicht nur auf einen Ort zu beziehen. „Heimat ist nicht nur dort, wo das Elternhaus steht, die Familie lebt“, sagt er. Es gebe neben der örtlichen Heimat eine zeitliche, geistige und politische Heimat.

Lehren mit einer Grundhaltung

Der Begriff ist aktuell, obwohl man zunächst dachte, er verliere mit der Globalisierung an Bedeutung. Doch das Gegenteil ist der Fall. Grund dafür seien die zunehmende Individualisierung und der Verlust der Gruppenzugehörigkeit. „Unsere politische Mitte zerfleddert.“ Dass die Mehrheit dort bisher ihre politische Heimat sah, bildete den „Stabilitätsanker unserer Demokratie“, ist Rittmann überzeugt. Möglicherweise zeichnet sich die Individualisierung auch in der Stadtentwicklung ab: Es fehle an öffentlichen Plätzen, an Orten, an denen man sich gern aufhalte, so Rittmann.

Wenn der Jurist lehrt, hat er politisch neutral zu sein. Gleichwohl bildet der einstige persönliche Referent des ehemaligen Ministerpräsidenten Lothar Späths jene Menschen aus, die später das Land mittragen. Eine Grundhaltung gibt der 69-Jährige seinen Studenten daher mit auf den Weg: „Ich halte ein feuriges Plädoyer für das Grundgesetz.“ Der Jurist war 1980 beim Regierungspräsidium Stuttgart in den Landesdienst eingetreten, es folgten unter anderem Stationen im baden-württembergischen Innenministerium. Der gebürtige Stuttgarter gehörte danach der Protokollabteilung des Staatsministeriums an, zuletzt als Chef des Protokolls. In dieser Funktion hatte er das Problem mit dem chinesischen Staatspräsidenten lösen müssen.