Die Retter sind im Dauereinsatz und dadurch hoch belastet. Foto: dpa/Boris Roessler

Eine Umfrage unter tausenden Mitarbeitern bringt verheerende Ergebnisse. So wollen viele Retter den Beruf wechseln, sobald sie die Chance haben. Auch die Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft schlägt Alarm.

Corona, Personalmangel, Überlastung: Die Situation im deutschen Rettungsdienst ist schwierig. Wie katastrophal die Mitarbeiter ihre Lage tatsächlich einschätzen und welche Konsequenzen für die Allgemeinheit das haben könnte, zeigt jetzt eine Umfrage der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Dafür wurden etwa 7000 der bundesweit 78 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Rettungsdienst befragt.

Die Ergebnisse sind eindeutig: Viele Retter üben ihren Beruf mit Herzblut aus, können sich aber nicht mehr vorstellen, das dauerhaft zu tun. So glauben 84 Prozent der Befragten nicht, dass sie bis zur Rente durchhalten können. Fast alle schieben regelmäßig Sonderschichten, die meisten haben schon psychische oder körperliche Gewalt im Einsatz erfahren. Die Regelarbeitszeit von 48 Stunden pro Woche gepaart mit Nacht- und Zwölf-Stunden-Schichten bringt viele an ihre Grenzen. Pausen können angesichts stetig steigender Einsatzzahlen und der Corona-Pandemie kaum noch wahrgenommen werden, viele gehen krank zur Arbeit. Die Umfrage-Ergebnisse gipfeln in der Aussage, dass 39 Prozent sofort den Beruf wechseln würden, wenn sie eine passende Gelegenheit dazu bekämen.

Die Ergebnisse lassen bei Verdi die Alarmsirenen schrillen. „Jeder von uns ist darauf angewiesen, dass wir einen funktionierenden Rettungsdienst haben“, sagt Vorstandsmitglied Sylvia Bühler. Die Arbeitsbedingungen müssten sich „deutlich verbessern, wenn nicht die Retter selbst zum Notfall werden sollen“. Bereits jetzt fehlten bundesweit 10 bis 20 Prozent der notwendigen Mitarbeiter, vielerorts blieben regelmäßig Fahrzeuge stehen, weil sie nicht besetzt werden könnten.

Verdi fordert deshalb unter anderem mehr Personal sowie kürzere und planbarere Arbeitszeiten. Darum müssten sich nicht nur die Arbeitgeber, sondern auch die Länder kümmern. So müsse es bei der Rettung um die Qualität und nicht um den billigsten Anbieter gehen. Die Lage bei den Helfern sei dramatisch, die Befragung spiegele den enormen Druck in der Branche wider, so Bühler: „Die Leute betreiben Raubbau an der eigenen Gesundheit, um anderen Menschen zu helfen.“

Verdi ist mit diesen Forderungen nicht allein. Die Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft stößt ins selbe Horn. Sie hat vor kurzem unter dem Titel „Rettet den Rettungsdienst“ eine Kampagne gestartet, die sich an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach richtet. Auch darin werden zahlreiche grundlegende Änderungen im Gesundheitssystem und eine Entlastung der Einsatzkräfte gefordert. Die Arbeit sei körperlich und psychisch belastend, deshalb müsse unter anderem ein Höchstalter von 60 Jahren her. Eine dazugehörige Online-Petition haben binnen weniger Tage bereits 120 000 Menschen unterschrieben.