Schalke-Coach Jens Keller: Alles-oder-Nichts-Spiel gegen FC Basel Foto: dpa

Nach der 1:2-Niederlage in Gladbach steht Schalke-Trainer Jens Keller unter Druck – mehr noch als seine Kollegen in Bremen (Robin Dutt) und Frankfurt (Armin Veh).

Stuttgart - Schalke 04: Manchmal entscheidet sich die Zukunft eines Trainers in einer einzigen Szene. Es liefen die letzten Sekunden, die Schalker Fans hatten den Torschrei schon auf den Lippen. Der Kopfball von Kevin-Prince Boateng zischte scheinbar unhaltbar in Richtung Gladbacher Tor. Plötzlich zuckte die Hand von Torhüter Marc-Andre ter Stegen. Gehalten! Schalke-Coach Jens Keller schlug die Hände vors Gesicht, und Gladbachs Trainer Lucien Favre guckte, als hätte er eine Erscheinung.

Die Borussen siegten 2:1, auf Schalke zürnten sie wieder einmal den Mächten des Schicksals. „Ich weiß nicht, ob der Schiedsrichter schon mal Fußball gespielt hat. Wir sind klar benachteiligt worden“, schimpfte Manager Horst Heldt. Wohl auch, um vom eigentlichen Thema abzulenken. Denn die strategischen Fehlgriffe des Trainers sind mittlerweile offensichtlich: In Gladbach setzte Jens Keller auf Boateng als einzige Spitze. Ohne Erfolg. Den gelernten Stürmer Adam Szalai brachte er erst in der 84. Minute für Roman Neustädter, der ob seiner Schwächen schon Mitleid erregte. Nach der Partie sprach Keller von „Fortschritt“, Einsatz und Wille hätten gestimmt. Als ob das auf Schalke genügen würde.

Inzwischen liegen die Königsblauen schon sieben Punkte hinter dem vierten Platz (Gladbach), der die Teilnahme an der Champions League ermöglicht. Sollte auch noch das entscheidende Spiel in der Vorrunde der Königsklasse gegen den FC Basel an diesem Mittwoch (20.45 Uhr/Sky) in die Hosen gehen, erwartet Jens Keller wohl ein längerer Urlaub. Es wird bereits über Ex-Werder-Coach Thomas Schaaf als Nachfolger spekuliert. Benedikt Höwedes spricht von einem „Alles-oder-nichts-Spiel“ gegen Basel. Aufsichtsratschef Clemens Tönnies will „in den nächsten Spielen Siege einfahren. Die Trainerfrage stellt sich jetzt nicht.“ Noch nicht.

Eintracht Frankfurt: Manchmal hilft es schon, das Problem beim Namen zu nennen. „Die Sorge ist groß“, seufzte Vorstandschef Heribert Bruchhagen, „wir stecken mitten im Kampf gegen den Abstieg.“ Was hätte er sonst auch sagen sollen? Das 1:2 gegen 1899 Hoffenheim war das zehnte sieglose Spiel in Folge. Die Eintracht-Fans durften am 4. Mai 2013 zum letzten Mal einen Heimsieg in der Bundesliga feiern. Diesmal verabschiedeten die 41 300 Zuschauer ihre Helden mit einem ohrenbetäubenden Pfeifkonzert. „Ich kann verstehen, dass sie enttäuscht sind“, sagte Torhüter Kevin Trapp, „wir kämpfen, aber die Ergebnisse fehlen.“ Die Mannschaft spielte phasenweise wie ein Absteiger.

Aber in Hessen ist die Geduld nicht unendlich. Das weiß auch Coach Armin Veh, der nach dem Abpfiff spornstreichs in den Katakomben verschwand. Noch ist er unumstritten, aber er ist erfahren genug, um die Lage richtig einzuschätzen. Trotzdem wird er nicht in Aktionismus verfallen und einzelne Spieler zum Sündenbock stempeln. „Es wäre das Dümmste, wenn man jetzt Sachen macht, die viele erwarten, die aber sinnlos sind“, sagte Armin Veh, „wir bekommen jede Woche eine neue Chance.“

Werder Bremen: Robin Dutt hatte alles probiert. In den ersten 45 Minuten ließ er seine Mannschaft mutig mitspielen. Die Bayern führten 3:0. Während der zweiten Halbzeit igelte sich Werder hinten ein. Da liefen die Gäste erst recht zur Glanzform auf. „Die Bayern waren übermächtig“, klagte Clemens Fritz, „wir hatten einfach keine Mittel, um besser dagegenzuhalten. Sie haben uns vorgeführt und uns zurechtgelegt.“

Am Ende stand es 7:0, und Werder Bremen, vor Jahren noch auf Augenhöhe mit dem Gegner, erlebte einen historischen Tag. Es war die höchste Heimniederlage in 50 Jahren Bundesliga. „Zu den Bayern ist eben doch ein Klassenunterschied“, sagte Werder-Coach Robin Dutt kleinlaut, „die Niederlage schockt uns und tut weh.“ Gleich nach Spielschluss hatte er seine Spieler zusammengetrommelt und Erste Hilfe in Sachen Psychologie geleistet: „Es wird uns nicht aus der Bahn werfen.“

Das aber ist gar nicht so sicher. Denn nach 22 Gegentreffern in sechs Partien sind die Bremer der Abstiegszone so nah wie die Weser zuletzt dem Stadion. Und obwohl es zu Saisonbeginn nicht danach aussah, scheint die Mannschaft ihr altes Problem einzuholen: Sie kann gar nicht so viele Tore schießen, wie sie kassiert. „Wir haben keine Ordnung, wir bekommen zu viele Tore“, sagte Verteidiger Clemens Fritz, „es hört sich doof an, aber daran müssen wir arbeiten.“ Mit anderen Worten: Der Trainer muss sich schleunigst was einfallen lassen. Der riet fürs Erste, die Ohren auf Durchzug zu stellen. „Wir werden uns unheimlich viel anhören müssen.“