Die Wohneinheiten bestehen innen und außen überwiegend aus Holz. Foto: Gottfried Stoppel

Im Schelmenholz entsteht eine nachhaltig konzipierte, modulare Wohnanlage für Asylbewer. Sie könnte auch Pilotcharakter für den sozialen Wohnungsbau haben.

Winnenden - Energetisch auf dem aktuellen Stand, optisch ansprechend und vorausgedacht“ – so beschreibt der Rems-Murr-Landrat Richard Sigel jene 39 Wohnmodule, die zum Ende des Jahres rund 200 Menschen – vorrangig Flüchtlingsfamilien – im Winnender Schelmenholz Platz bieten sollen. Die überwiegend aus Holz gefertigten Wohneinheiten mit je 45 oder 60 Quadratmetern Größe sind von dem preisgekrönten Stuttgarter Architekten Werner Sobek und dem Inhaber der Fischerwerke in Waldachtal, Klaus Fischer, entwickelt worden. Ihre Idee, ressourcensparend, flexibel und emissionsfrei zu bauen, haben die beiden Unternehmer in der gemeinsamen Tochterfirma Aktivhaus unlängst zum Geschäftsmodell gemacht. Für die preisgünstige „Serie 700“ ist die Anlage in Winnenden das Pilotprojekt.

Die Wohnungen sind komplertt vormontiert

20 der außen mit imprägniertem Lärchenholz verkleideten Einheiten, die neben- und aufeinandergestapelt werden, stehen bereits auf dem gut 5000 Quadratmeter großen Grundstück an der Friedrich-Jakob-Heim-Straße, das zum überwiegenden Teil der Paulinenpflege gehört. Die innen mit Fichtenholz-Schalplatten und Laminatböden ausgekleideten Wohneinheiten werden inklusive Fußbodenheizung, Elektrik, Bad- und Küchenausstattung bis hin zum einzelnen Lichtschalter komplett geliefert und müssen lediglich an Strom- und Wasserleitungen angeschlossen werden. Der Hersteller verspricht, dass sein Bausystem binnen zwölf Wochen gefertigt, komplett montiert und getestet geliefert werden kann.

Alle Modelle seien so konzipiert, dass sie nach individuellen Wünschen umgestaltet, oder vergrößert werden könnten, sagt die Aktivhaus-Geschäftsführerin Stephanie Fiederer. Auch an das Ende der Nutzungszeit, die sie mit 30 bis 50 Jahren angibt, sei bereits bei der Fertigung gedacht: Die Wohnungen seien so aufgebaut, dass sie später vollständig und sortenrein in ihre Ausgangsmaterialien zerlegt werden könnten. Alle Materialien würden vorab auf ihre spätere Recyclingfähigkeit untersucht.

In Winnenden werden die Wohneinheiten zweistöckig gestapelt. Dabei wird in den oberen Stockwerken darauf verzichtet, sie über die gesamte Fläche zu verteilen, so dass einzelne Dachflächen mit einem Geländer ausgestattet als Balkone genutzt werden können. Die Kreisbaugesellschaft, die für die Erstellung der Anlage verantwortlich zeichnet, schätzt, dass sie Mitte November an den Landkreis übergeben werden kann.

Nachnutzung für sozialen Wohnungsbau möglich

Der Kreis plant, die Wohneinheiten zunächst als Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge zu nutzen. Was mit den Gebäuden passiert, wenn der Flüchtlingszuzug dies nicht mehr erforderlich mache, sei offen, sagt der Winnender Oberbürgermeister Hartmut Holzwarth. Denkbar sei, dass die Kommune, der neben Fellbach als einziger Stadt im Rems-Murr-Kreis eine Mietpreisbremse auferlegt wurde, sie im Sinne des sozialen Wohnungsbaus verwenden werde. Ursprünglich war das Gelände als Jugenddorf geplant.

Durchweg auf positive Resonanz ist die modulare Anlage, die in ihrer Form bisher bundesweit einzigartig ist, allerdings nicht gestoßen. Seitens der Anwohner waren zum Teil erhebliche Bedenken geäußert worden, dass in dem Gebiet ein sozial unverträgliches Getto geschaffen werde.

Firma
Der Unternehmer Klaus Fischer und der Architekt Werner Sobek haben die gemeinsame Firma Aktivhaus gegründet. Denn sie sind davon überzeugt, dass es „zur Bewältigung der wachsenden ökologischen, ökonomischen und sozialen Herausforderungen“ geboten ist, „mit einem Weniger an Material ein Mehr an bezahlbaren Gebäuden zu bauen“.

Idee
Die Initialzündung für die Gründung der Firma war ein Experimentalgebäude, das Werner Sobek vor zwei Jahren für die Stuttgarter Weißenhofsiedlung konzipiert hat. Das quaderförmige Konstrukt namens „B 10“erzeugt Dank eines ausgeklügelten Energiekonzepts und einer selbstlernenden Gebäudesteuerung das Doppelte seines Energiebedarfs aus nachhaltigen Quellen. Es ist im Werk komplett vorgefertigt worden und kann innerhalb eines Tages auf- oder abgebaut werden.