Einer Schulklasse wird gezeigt, was es bei der Wiederbelebung zu beachten gilt. Foto: Roberto Bulgrin

Auch Kinder und Jugendliche geraten in Situationen, in denen Erste Hilfe gefragt ist. Aber können sie das überhaupt? Dazu gab es einen Aktionstag an einer Schule in Nürtingen.

Am Montag steht ein Krankenwagen am Eingang des Peter-Härtling- Gymnasiums in Nürtingen. Man begegnet Sanitätern und Sanitäterinnen im Treppenhaus. Ärzte und Ärztinnen huschen geschäftig von Tür zu Tür. In den Klassenzimmern glitzern ausgepackte Rettungsdecken und ein großer Berg an Verbandskästen versperrt das Lehrerpult.

 

Statt Hefteintrag und Hausaufgabenkorrektur stehen an diesem Tag, Atmungskontrolle und Herzdruckmassage auf dem Stundenplan des Peter- Härtling-Gymnasiums. Zu Beginn des Schuljahres veranstaltet die Privatschule in Nürtingen einen „Tag der Wiederbelebung“. Es ist das zweite mal, dass Ärzte und Ärztinnen, Sanitäter und Sanitäterinnen an das Gymnasium kommen, um mit den Kindern der Klassen fünf bis zehn mögliche Erste-Hilfe-Situationen zu besprechen und einzuüben.

„Nichtstun ist das Schlimmste“ – Kinder lernen Erste Hilfe

„Erste Hilfe kann immer und überall notwendig sein“, betont Lehrkraft Mareike Heissler, die Organisatorin des Erste-Hilfe-Tags. Gerade deshalb sei es wichtig, dass auch die kleinsten Mitglieder der Gesellschaft für den Notfall gewappnet sind.

Das sieht auch Malteser-Mitarbeiter, Lasse Maier, so: In einem Fall, den er miterlebt habe, sei ein Mann auf offener Straße kollabiert. Gefunden habe ihn ein 15 Jährige Junge mit frischem Erste- Hilfe-Kurs. Er habe sofort den Rettungswagen gerufen und mit der Herzdruckmassage begonnen. Das schnelle Handeln des Jugendlichen sei ausschlaggebend gewesen, dass der Patient ohne Folgeschäden wieder aus dem Krankenhaus entlassen werden konnte. „Solche Erfahrungen zeigen, wie wichtig das Thema Erste Hilfe für Kinder und Jugendliche ist.“

Natürlich gebe es auch bei der Ersten-Hilfe-Ausbildung altersbedingte Unterschiede, ergänzt sein Kollege, Marc Herdtle: Man brauche schon eine gewisse Kraft um jemanden wiederzubeleben. „Adäquat funktionieren solche Erste-Hilfe-Leistungen erst, wenn man etwas älter ist“, erklärt der Sanitäter. „Da haben Schüler aus der Oberstufe selbstverständlich mehr Kraft als ein Fünftklässler.“ Mareike Heissler ist der Meinung: „Erste Hilfe fängt beim Pflasterkleben an und den Notruf kann jeder rufen.

Die Jugendlichen haben beim Aktionstag unter anderem die stabile Seitenlage kennengelernt. Foto: Roberto Bulgrin

Für den Notfall gewappnet: Kindgerecht Erste Hilfe lernen

Für die kindgerechte Vermittlung sei es wichtig, dass die Themen richtig aufbereitet werden, erklärt Mareike Heissler weiter. Das beinhalte, eine einfache Sprache zu verwenden und Situationen so darzustellen, dass die Schüler und Schülerinnen keine Angst bekämen. Aber auch die Verantwortung der Kinder müsse klar definiert werden, sagt die Lehrkraft: „Die Schüler und Schülerinnen müssen lernen sich Hilfe zu holen. Das heißt, sie sollen erwachsene Personen hinzuziehen, wenn sie sich unsicher sind und im Notfall auch den Rettungsdienst rufen.“

Im Fokus stehe vor allem, den Kindern die Angst vor dem Versagen zu nehmen, meint der Sanitäter Lasse Maier. „Die Fallbeispiele sollen zeigen, dass Nichtstun das Schlimmste ist, was man falsch machen kann.“

Schüler: „Ich habe damals meinen Papa fast das Leben gerettet“

„Ich habe damals meinen Papa fast das Leben gerettet“, erzählt Jakob. „Er war bewusstlos und ich habe die Atmung überprüft, während meine Mama den Notruf abgesetzt hat.“ Der Sechstklässler ist seit letztem Jahr Schulsanitäter am Gymnasium in Nürtingen. Es sei fantastisch und toll aufgebaut, beschreibt der Schüler den Sanitätsdienst an der Schule. Für ihn habe es sich auf jeden Fall gelohnt, auch dieses Jahr wieder teilzunehmen. Nicht nur um seine Kenntnisse neu aufzufrischen, sondern auch um Neues zu entdecken.

Vom Pflasterkleben bis zum Wiederbeleben, zu lernen gibt es viel beim Aktionstag: Wie bringe ich jemanden in die stabile Seitenlage? Wann setze ich den Notruf ab? Wie verbinde ich eine Platzwunde und was mache ich bei einer allergischen Reaktion? Nach einer kurzen Theoriephase kam der praktische Teil. An verschiedenen Stationen vermitteln die Ärzte und Ärztinnen der Medius-Kliniken und Sanitäter und Sanitäterinnen des Malteser Dienstes ihr Wissen, um im Ernstfall entschlossen und richtig eingreifen zu können.

Eine Zukunft als professionelle Ersthelfer können sich die viele der Kinder am Peter-Härtling-Gymnasium zwar nicht vorstellen. Der Tag der Wiederbelebung habe ihnen trotzdem sehr gut gefallen. „Es ist einfach ein extrem beruhigendes Gefühl, zu wissen, dass man im Notfall helfen kann“, meint Jakob und seine Mitschüler und Mitschülerinnen neben ihm stimmen ihm zu. 

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