Weil die Kleiderordnung im Büro immer legerer wird, kaufen Kunden öfter schicke Freizeitbekleidung. Darauf setzt Hugo Boss. Foto: dpa

Mark Langer, der Chef des Modekonzerns aus Metzingen, spricht die Fehler und Versäumnisse aus der Vergangenheit an. Auf der Hauptversammlung erklärt er den Anteilseignern auch, wie Boss in den eigenen Filialen und im Onlinehandel zulegen will.

Stuttgart - Hugo Boss trotzt der angespannten Situation im Bekleidungsmarkt und will seinen im ersten Quartal eingeschlagenen Erholungskurs fortsetzen. „Ich bin überzeugt, dass wir 2017 als ein ‚großes Jahr des Fortschritts’ bewerten können, wenn wir uns im nächsten Jahr wieder zur Hauptversammlung treffen“, sagte Boss-Vorstandschef Mark Langer am Dienstag beim Aktionärstreffen in Stuttgart. Dazu sollen die eigenen Läden auf Profitabilität getrimmt, Markenauftritt und Sortiment neu ausgerichtet und das Onlinegeschäft ausgebaut werden.

Seine Ziele formuliert der Modekonzern aus Metzingen mittlerweile bescheidener, als dies in der Zeit unter Langers Vorgänger Claus-Dietrich Lahrs (2008 bis 2016) der Fall war. Damals hielt noch der Finanzinvestor Permira das Zepter in der Hand. Nach einem leichten Umsatz- und deutlichem Ergebnisrückgang im Geschäftsjahr 2016 peilt Boss für das aktuelle Jahr nun einen einstelligen Anstieg des Umsatzes und ein stabiles Ergebnis an.

Mit einer geringen Verschuldung sowie der operativen Umsatzrendite von zuletzt gut 18 Prozent könne man sich im internationalen Vergleich sehen lassen, so Langer. Bereits in seinem ersten Jahr an der Vorstandsspitze hatte er einen Kurswechsel eingeleitet, unter anderem wurde eine zweistellige Zahl von Läden geschlossen, Kosten im dreistelligen Millionenbereich eingespart sowie die Preise in Europa erhöht und in Asien gesenkt. In den USA trennte sich das Unternehmen vom Großhandelspartnern, um sich den Rabattschlachten auf dem nordamerikanischen Markt zu entziehen.

Langer kritisiert eigene Entscheidungen

Auf dem Aktionärstreffen ging Langer mit der früheren Boss-Führung erstaunlich hart ins Gericht, insbesondere dafür, dass er dem dreiköpfigen Vorstand unter Lahrs selbst seit 2008 als Finanzchef angehörte: Der Markenauftritt sei zu komplex und unverständlich gewesen, die unterschiedlichen Preise in den internationalen Märkten nicht mehr zeitgemäß. Im hochpreisigen Segment habe man sich zu weit von der Kundschaft entfernt. „Sie reden nicht drum herum, sondern benennen die Probleme“, lobte Daniel Jenderek von der Aktionärsschützervereinigung DSW die Offenheit des Vorstandschefs. Dennoch mahnte er: „Sie haben den Kurs korrigiert, nun halten Sie ihn bitte auch.“

Seine Investitionen in die Digitalisierung will das Unternehmen in diesem Jahr nochmals erhöhen. Langer hatte den europäischen Onlinevertrieb im vergangenen Jahr in die Hände des Konzerns zurückgeholt. Dass die Umsätze, die Boss mit dem Versand von Waren macht, in jedem der vergangenen vier Quartale rückläufig waren, begründete der Boss-Chef nun mit Anlaufschwierigkeiten nach den strukturellen Veränderungen. Mittlerweile sei die Website für Suchmaschinen optimiert und das Angebot für mobile Endgeräte verbessert worden. Kunden würden mit gezielten Angeboten digital angesprochen. Generell würde stärker mit günstigeren Einstiegspreisen geworben. „Wir sind zuversichtlich, dass das Online-Geschäft im laufenden Jahr wieder wachsen wird“, so Langer.

Anzüge machen 20 Prozent das Umsatzes aus

Wie im Netz setzt Boss auch im stationären Geschäft vermehrt auf Freizeitbekleidung: „Wir werden das Angebot noch in diesem Jahr in vielen Läden vergrößern“, so Langer. Etwa die Hälfte des Umsatzes entfällt auf diesen Bereich. Die klassischen Herrenanzüge machen Langer zufolge etwa 20 Prozent aus. Dennoch glaubt er nicht, dass der Anzug irgendwann komplett verschwinden werde, antwortet er auf die Frage von Julia Schmidt von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). „Der schon oft prognostizierte Untergang ist bisher nicht eingetreten.“ Dass sich der deutsche Kunde mit den angekündigten Preiserhöhungen für die Sakko-Hose-Kombination schwertun dürfte, hatte Boss zuletzt zu spüren bekommen. Wichtige Großhandelspartner hatten sich geweigert, die Einstiegspreise für Anzüge von 499 auf 599 Euro anzuheben.

Zufrieden dürfen dagegen die Anteilseigner des M-Dax-Konzerns sein. Nach Meinung der Aktionärsvertreterin Julia Schmidt ist die Dividende pro Aktie von 2,60 Euro (Vorjahr: 3,62 Euro) immer noch respektabel. Vor allem die Hohe Ausschüttungsquote von 93 Prozent des Konzernergebnisses gebe Anlass zur Zuversicht.

Wie schon in den Vorjahren gab es erneut kritische Stimmen zu den Arbeitsbedingungen in den Nähereien vor allem in Asien, in denen auch Boss fertigen lässt. Der Konzern ist mittlerweile mehreren Bündnissen zum Schutz der Mitarbeiter beigetreten. Nicht nur der Druck von internationalen Gewerkschaftsorganisationen, Menschenrechtlern und Umweltschützern auf die Branche steigt, auch bei vielen Verbrauchern scheint ein Umdenken eingesetzt zu haben. Bei einer Befragungen hätten mehr als 70 Prozent der Kunden angegeben, dass Nachhaltigkeit beim Kauf eine Rolle spiele, sagte Langer. „Wir sind uns darüber im Klaren, dass es für uns noch einiges auf dem Gebiet der Nachhaltigkeit zu tun gibt.“ http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.hugo-boss-der-sanierungskurs-schlaegt-an.3816e269-0503-445e-ab2e-80a314670644.html