Wohlklang aus Kehlen und aus dem Orchester in der Stiftskirche Foto: Lichtgut/Michael Latz

Wie die heilige Familie zogen die Bosch-Musikgruppen über die Jahre in der Vorweihnachtszeit herum. Mal fanden sie Obhut im Eberhard-Dom, mal in Cannstatt. Nun war wieder die Stiftskirche Schauplatz ihres Quempas-Singens.

Stuttgart - Die Orte der Traditionsveranstaltung mögen variieren, als Konstante ist Ulrich Walddörfer geblieben. In 24 Jahren hat er bei jedem Quempas dirigiert, in der Anfangsära als Leiter des Bosch-Sinfonieorchesters und des Bosch-Chors. Die Orchesterleitung liegt mittlerweile in den Händen von Hannes Reich. Das Hauptwerk des Konzerts mit dem diesmal 100 Kehlen starken, um Aktive des Philharmonischen Chors Heilbronn verstärkten Bosch-Chor und dem gut 60 Instrumentalisten starken Sinfonieorchester aber dirigierte wie stets seit knapp einem Vierteljahrhundert Walddörfer.

Allerdings überrascht er selbst treue Quempas-Besucher mit seinem Programm. Statt nur eines Oratoriums stehen gleich zwei groß besetzte Werke für Chor und Orchester auf dem Programm: „Magnificat“ und die Kantate „Vom Himmel hoch“. Beides aus der Feder von Felix Mendelssohn Bartholdy, beides kaum vergleichbar. Das „Magnificat“ mit dem lateinischen Bibeltext von Marias Gotteslob schrieb der Knabe Felix mit 13 Jahren noch stark unter dem Eindruck des großen Vorbildes Johann Sebastian Bach. Auch wenn in den „Magnificat“-Partien der Gesangssolisten (Melanie Dreher, Sopran, Jasmin Hoffmann, Alt, Daniel Schmid, Tenor, Nikolaus Fuck, Bass) mit Ausnahme einer Bassarie liedhafte Melodik das Zepter schwingt, in verästelten, reich kolorierten Sätzen ist vom Chor einige Stimmbandgymnastik gefragt. Im Vergleich dazu weit schlichter, mehr auf die Wucht des Chores angelegt, Mendelssohns knapp zehn Jahre später komponiertes „Vom Himmel hoch“, das durchgängig in Deutsch Luthers Choraltext nutzt.

Der Erlös des Konzerts geht an die Aktion Weihnachten unserer Zeitung

Bei beiden Werken Mendelssohns gleichermaßen gefordert, macht sich das Bosch-Orchester auch sonst kaum einen geruhsamen Adventszeitabend. Es serviert portionsweise vorneweg und zwischendurch Bachs Orchestersuite Nr. 3 D-Dur mit der allseits bekannten „Air“. Die fühlt sich romantischer an als vieles vom „Magnificat“ des Frühromantikers Mendelssohn, obwohl Dirigent Reich zu Bach Vibrato-Askese und eher schlankes Spiel verordnet. In der Hochton- und Hornabteilung übers Gesamtkonzert recht strapaziert, setzen die Bosch-Blechbläser im Oktett unter der Leitung von Kerstin Schatz mit dem amerikanischen Hymnus „Great Is Thy Faithfulness“ dann auf einen feierlich-bedächtigen Ausdruck.

Unterm Strich viel Kunsthaltiges, doch ohne das ganz Einfache wäre all dies nichts: Quempas ist volkstümliches Kürzel für das alte lateinische Lied „Quem pastores laudavere“ – Den die Hirten lobeten sehre – das vor Jahrhunderten zur Christmesse aus allen vier Kirchenecken gesungen wurde. Gegen den Uhrzeigersinn durch die Stiftskirche lässt beim Bosch-Quempas der in vier Grüppchen aufgeteilte Unterstufenchor des Waiblinger Salier-Gymnasiums das Stück wandern.

Stiftskirchenorgel sei Dank, das final von Chören und Publikum gemeinsam angestimmte „O du fröhliche“ kann Organist Martin Kaleschke mit rieselndem Klanglametta vom nach Hunderten Silberglöckchen klingenden Zimbelstern-Register schmücken. Ein Schmuckstück für die Stuttgarter Nachrichten auch das diesjährige Quempas-Singen: Der Erlös des Konzerts geht an die Aktion Weihnachten unserer Zeitung.