Im Advent bitten die Stuttgarter Nachrichten um Spenden für Bedürftige. Foto: Max Kovalenko

Seit einem Berufsunfall ist ein 24-Jähriger auf den Rollstuhl angewiesen und sprachgestört. Es gibt weder Rente noch Geld für Therapien, weil ein Gutachter die Schäden nicht als Berufsunfall anerkennt.

Seit einem Berufsunfall ist ein 24-Jähriger auf den Rollstuhl angewiesen und sprachgestört. Es gibt weder Rente noch Geld für Therapien, weil ein Gutachter die Schäden nicht als Berufsunfall anerkennt.

Stuttgart - Am Abend zum Tanzen in den Club. Am Samstag zu Fußball und Bier mit den Kumpels. Eine gemeinsame Wohnung mit der Freundin, spätere Heirat nicht ausgeschlossen. So etwa hat sich Marvin K. (Namen geändert) sein Leben vorgestellt. Heute sagt er: „Seit dem Gutachten bin ich ein Nichts.“

Der 24-Jährige ist ausgebildeter Personenschützer, Kampfsportler, Pannenhelfer. Zuletzt war er als Bergungsleiter für ein Abschleppunternehmen beschäftigt. Im März 2012 rief ihn sein Chef zu einem liegengebliebenen Fahrzeug. Als er das Auto aufladen wollte, raste ein anderes Fahrzeug in seinen Lkw. Marvin K. wurde auf den Asphalt geschleudert. Eine Hirnblutung verursachte Schäden am Sprachzentrum, seitdem kann sich K. nur stark stotternd unterhalten. Die Beine sind taub, er ist auf den Rollstuhl angewiesen. Außerdem leidet er oft unter unbeschreiblichen Kopfschmerzen. „Ich bin ein Wrack“, sagt er.

Der medizinische Befund der Reha-Klinik ist eindeutig. Die starken zerebralen Störungen führt man darauf zurück, dass er bei dem Unfall mit dem Kopf aufgeschlagen ist. Auch der Bericht des Medizinischen Diensts Baden-Württemberg stimmt mit dieser Diagnose überein. Die Berufsgenossenschaft hingegen vertritt die Auffassung, dass die Schäden nicht vom Unfall, sondern möglicherweise von seinem Beruf als Personenschützer oder von Sportverletzungen herrühren. Deshalb weigert sich die Berufsgenossenschaft standhaft, die Behinderungen von Marvin K. als Folge eines Arbeitsunfalls einzustufen. Als vollends entwürdigend empfindet das Unfallopfer die Einschätzung der Gutachter, er sei ein Simulant und spiele seine Lähmung und sein Stottern.

Auf das Gutachten der Berufsgenossenschaft bezieht sich nun die Unfallversicherung des anderen Fahrers und lehnt Schadenersatzleistungen ab. Marvin K. geriet deshalb in Geldnot. Für Grundsicherungsleistungen ist er noch zu jung, eine kleine Rente von 800 Euro brutto wird erst von diesem Monat an gezahlt. Weil er es sich nicht leisten kann, auf dem freien Markt eine behindertengerechte Wohnung anzumieten, ist ihm ein Apartment im Polizeiwohnheimvermittelt worden. 600 Euro warm muss K. dafür bezahlen. Seine Ersparnisse sind aufgebraucht, das Konto ist gesperrt.

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Wichtig wäre, dass K. so schnell wie möglich Sprach- und Ergotherapien erhält. Doch die Krankenkasse sträubt sich, die Kosten zu übernehmen. Im Gegenteil: „Die wollen von mir Geld zurück für Therapien, weil ich laut Gutachten ja ein Simulant bin“, sagt der Geschädigte. Auch die Pflegestufe II, die der Medizinische Dienst für angemessen hielt, ist von der Krankenkasse auf Pflegestufe I herabgesetzt worden.

Marvin K. hat sich inzwischen ans Sozialgericht gewandt, um zu seinem Recht zu kommen. Die Richter haben beschlossen, einen Gerichtsgutachter hinzuzuziehen. Ende November hätte der Termin sein sollen, doch er musste wegen Krankheit abgesagt werden. Ein neuer Termin steht noch nicht fest. Eine endgültige Entscheidung, die schließlich alle Beteiligten akzeptieren müssen, rückt so in weite Ferne.

So bleiben die dringend notwendigen Therapien weiterhin unbezahlbar für K. Inzwischen kümmert sich der Förderverein Funk um das Schicksal des jungen Mannes und hilft ihm bei der Suche nach einem Therapeuten. Die Aktion Weihnachten will helfen, bis die Krankenkasse übernimmt. Sonst könnte es zu spät sein für die Stimulierung der erkrankten Nerven.

Die Konten der Aktion Weihnachten: BW-Bank 234 234 0 (BLZ 600 501 01); Schwäbische Bank im Königsbau 6300 (BLZ 600 201 00)