Sie hat keine verlässliche Familie gehabt und etliche Jahre auf der Straße gelebt. Trotzdem schaffte Frau D. den Ausstieg und steht nun kurz vorm Schulabschluss. Für ihr Praktikum fehlt es jedoch an Ausstattung.
Stuttgart - Inmitten von Wohnblocks steht ein kleines hellblaues Haus, eine Zuflucht für Jugendliche und junge Erwachsene. Hier wohnen Menschen, die fast verloren gegangen wären. Es ist eine Wohngruppe, betreut von Mitarbeitern der Evangelischen Gesellschaft. Sie gibt Bewohnern zumeist das erste Mal in ihrem Leben Halt und Führung. Hier wohnt auch Frau D. seit fast zwei Jahren. Sie sagt: „Die haben mir die Hoffnung gegeben, dass alles besser werden kann.“
Den ersten Schritt hat sie selbst gesetzt. Das Jugendamt vermittelte ihr den Platz, und sie ist nicht wieder abgehauen. Die 18-Jährige hat außerdem den schulischen Faden wieder aufgenommen und besucht eine Schule für Holztechnik. „Mein Ziel ist der Hauptschulabschluss“, sagt sie.
Leben auf der Straße und im besetzten Haus
Die Verhältnisse zu Hause waren schwierig. Der Vater hatte die Familie früh verlassen, die Mutter litt an einer psychischen Erkrankung und war der Pubertierenden nicht gewachsen. „Sie hat mich rausgeworfen, weil ich meine Ratte nicht weggeben wollte“, erzählt Frau D., „dabei wollte ich doch nur was haben, was mir gehört.“
Über den Winter habe sie bei Freunden und Bekannten „rumgewohnt“, im Sommer mit anderen Jugendlichen im Wald oder in Parks gezeltet, „bis wir mal überfallen wurden und mir einer ein Messer an die Kehle gesetzt hat“. Die Hausbesetzerszene bot ihr einen Schlafplatz an in einer Immobilie, in der es keinen Strom gab, aber zumindest fließend kaltes Wasser. Irgendwann seien ihr aber die Gewaltausbrüche und die Drogenexzesse der Bewohner unerträglich geworden, vor allem aber fehlte wohl ein verlässlicher Halt: „Jeder dort hatte acht Gesichter“, sagt sie enttäuscht und verbittert.
Ziel ist die Schreinerlehre
Trotz all dieser Erfahrungen und Verletzungen hat Frau D. seit ihrem Aufenthalt in der Wohngruppe doch so etwas wie Vertrauen entwickeln können und hält an ihrem Ziel, dem Schulabschluss, fest. Und sie denkt darüber hinaus: „Mein Vater hat so geschwärmt von seinem Schreinerberuf. Das will ich auch werden.“
Zu ihrem Schulpensum gehört ein Betriebspraktikum, das sie ein Mal pro Woche absolvieren muss. Dadurch sollen Schüler Einblick in die berufliche Realität bekommen und gleichzeitig Kontakt knüpfen zu möglichen Ausbildungsunternehmen, was die Chance der Schüler auf einen Ausbildungsplatz verbessert. Dazu braucht sie Arbeitsbekleidung und Sicherheitsschuhe. Von ihrem Taschengeld in Höhe von 150 Euro pro Monat, das auch für Hygieneartikel und den sonstigen Bedarf gedacht ist, kann sie sich diese Anschaffung nicht leisten, zumal sie noch Schulden für frühere Schwarzfahrten mit der Bahn abstottert. Die Aktion Weihnachten unterstützt sie bei der Anschaffung der Schutzbekleidung.
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