Die Reittherapeutin Catarina Bilbija versteht sich gut mit nordischen Pferden. Foto: Gottfried Stoppel

Ein Förderverein holt behinderte Erwachsene, Kinder und Jugendliche in ihrer Freizeit aus dem Heim. Die Reittherapie auf dem Stadtteilbauernhof können sie sich ohne Spenden nicht leisten.

Stuttgart - Catarina Bilbija ist für die vier Pferde des Stadtteilbauernhofs klar die Chefin. Als sie die Koppel betritt, kommen sie eines nach dem anderen aus dem Stall. Alle vier sind kompakte, nordische Typen. In einem steckt wohl Isländer-Blut, eines ist ein norwegisches Fjordpferd, zwei sind irische Tinker. „Die sind alle sehr sensibel“, stellt Catarina Bilbija die Tiere vor. Sie würden schwache Mitglieder in ihrer Herde erkennen und besonders miteinbeziehen.

Ihre Charaktereigenschaft ist in der Reittherapie sehr gefragt, ihre Sensibilität wichtig für Reiter, die Schwächen haben. Zum Beispiel für einige Nachbarn aus dem Wohnheim für geistig und körperlich behinderte Menschen, das gleich neben dem Bad Cannstatter Stadtteilbauernhof von der Diakonie Stetten betrieben wird. 52 Menschen leben dort, darunter auch Kinder und Jugendliche.

Manche kommen nur zum Streicheln

Einige von ihnen kommen regelmäßig rüber zum Reiten, zum Spielen mit den Tieren und zum Arbeiten in den Ställen. „Sobald sie auf den Pferden sitzen, verbessert sich automatisch ihre Körperhaltung, und ihr Selbstbewusstsein verbessert sich“, sagt die Reittherapeutin Catarina Bilbija. Seit 2011 arbeitet sie auf dem Hof mit Kindern, Jugendlichen und Menschen mit Behinderung. Auf dem Hof bekommen die Leute aus dem Wohnheim Kontakt zu anderen, „und sie lernen unheimlich viel vom Alltag hier draußen“, sagt Catarina Bilbija. Manche kämen gar nicht zum Reiten, sondern wollten nur die Tiere versorgen.

Ziegen, Gänse, Hasen, Katzen tummeln sich dort, Bienenstöcke stehen am Rand des Geländes, einen Kinderhort gibt es auf dem Hof und täglich Besuch von Kindern zwischen sechs und 14 Jahren.

Die behinderten Erwachsenen, Kinder und Jugendlichen aus dem benachbarten Wohnheim könnten sich die Reittherapie aus eigener Kraft nicht leisten. Eine Reitstunde kostet rund 35 Euro, denn sowohl die Therapeutin muss davon bezahlt werden als auch die Anschaffung der Pferde, deren Wert im deutlich vierstelligen Bereich liegt. Die Wohnheimbewohner erhalten maximal 120 Euro Taschengeld im Monat, wovon alles außer Wohnen und Verpflegung beglichen werden muss.

Besseres Körpergefühl nach dem Ausritt

2006 wurde der Verein Telos gegründet, ein Förderverein, der sich aus Angehörigen der Bewohner rekrutiert. Seitdem sammelt der Verein Spenden, um mit den Bewohnern auch mal zum Bowling, zum Klettern oder Tanzen gehen zu können.

Oder eben zum Reiten. Dr. Alfred Kuttruf, der Vorsitzende des Vereins, ist Neuropädiater und weiß den Wert der Ausritte zu schätzen: „Die Rumpfkontrolle verbessert sich dadurch merklich.“ Grundsätzlich seien Kinder und Jugendliche eher bereit, zum Reiten als zur Krankengymnastik zu gehen, weil auf dem Hof keine Langeweile aufkomme. Allerdings bezahlt die Krankenkasse nur die Gymnastik, nicht die Reittherapie. Die Aktion Weihnachten unterstützt den Förderverein.

Die Spendenkonten: Baden-Württembergische Bank, Kto. 234 234 0 (BLZ 600 501 01), Iban DE04 6005 0101 0002 3423 40, Bic SOLADEST; Schwäbische Bank, Kto. 6300 (BLZ 600 201 00), Iban DE85 6002 0100 0000 0063 00, Bic SCHWDESS

Spenden sind auch online möglich unter www.aktionweihnachten.de