Auch die Wohnung von Frau B. ist – ähnlich wie hier – komplett vermüllt. Foto: dpa//Jörg D.

Frau B. lebt unter menschenunwürdigen Bedingungen. Ihre Wohnung ist aufgrund ihrer Depression derart vermüllt, dass sich der Pflegedienst weigert, die kranke Frau aufzusuchen. Die Zimmer müssten dringend professionell geräumt werden.

Der Sozialarbeiter von Frau B. hat schon in viele Abgründe geblickt. Doch so eine Wohnung wie die seiner Klientin habe er noch nie gesehen – auch nicht in Berlin, wo er viele Jahre tätig war. „Ich war sehr erschrocken“, sagt Torsten Lang. Die Wohnung von Frau B. ist extrem vermüllt. Eigentlich sind es zweieinhalb Zimmer, aber nur ein schmaler Streifen sei einigermaßen frei, der führt ins „Wohnzimmer“. Dort hat Frau B. ihr Lager auf einer Matratze auf dem Boden. Rechts davon stapeln sich Papiere und Essen, links von ihr Müll und Leergut. Vor ihr steht der kaputte Fernseher. Sie schäme sich, sagt die Rentnerin beim Gespräch im Gemeindepsychiatrischen Zentrum. In ihre Wohnung will sie keinen Blick werfen lassen.

Dabei sei sie bei der Arbeit immer „Miss Saubermann“ gewesen, sagt die bald 75-Jährige. 50 Jahre lang hat sie als Krankenschwester gearbeitet – in Kliniken und in Pflegeheimen. Erst vor drei Jahren hörte sie auf. Sie habe vor rund 20 Jahren den Tritt verloren, sagt sie. Da ging es los, dass sie zuhause nach der Schicht wie gelähmt war. Dass sie den Haushalt nicht mehr packte und aus Müll erst Haufen und aus den Haufen dann Berge wurden. Sie selbst nehme diese allerdings gar nicht wirklich wahr.

Sie hat einen Pflegesohn groß gezogen, der selbst schwer belastet war

Sie glaubt, die Depressionen rühren von ihrer Kindheit. Ihre Mutter habe ihr immer gesagt, dass sie ein Unfall war. Das geliebte Wunschkind war der jüngere Bruder. Frau B. selbst konnte keine Kinder bekommen. Die Ehe zerbrach nach nur einem Jahr. Ihr Ex-Mann habe sie geschlagen, da sei sie gegangen. Mutter ist sie trotzdem geworden – Pflegemutter eines Sohnes. Der war elf, als sie ihn aufnahm und überglücklich, ein Zuhause zu haben. Er brachte jedoch seinen eigenen Rucksack an Problemen mit.

Der Junge sei im Heim missbraucht worden, hatte ADHS und Epilepsie. „Es war eine schwere Aufgabe“, sagt Frau B.. Immer wieder gab es Rückschläge. Er drohte mehrfach abzurutschen, forderte ihr alles ab. Mit Geld konnte er nicht umgehen. Seine Schulden beglich sie. „Er ist ja mein Sohn.“

Inzwischen habe er aber die Kurve bekommen. Er sei nun „fürsorglicher Vater“ von drei Kindern. Darauf ist sie stolz. Aber er lebt sein Leben, weit weg von ihr, kann sie nicht finanziell unterstützen.

Badewanne ist nun frei geräumt

Frau B. ist pflegebedürftig. Sie hat unter anderem Diabetes und Osteoporose und trägt ein Hörgerät. Sie kann ohne Hilfe das Haus nicht verlassen, ist extrem wackelig auf den Beinen. Vor einem Monat ist sie mal wieder in der Wohnung gestürzt. Sie war danach drei Wochen lang an die Matratze gefesselt. Wegen ihrer Messie-Symptomatik ist sie eigentlich seit August in einer Spezial-Therapie. Doch nun ist die Therapeutin krank.

Die Therapie muss also pausieren, doch Torsten Lang, der Sozialarbeiter vom Gemeindepsychiatrischen Zentrum, hilft Frau B., dran zu bleiben. Gemeinsam haben die beiden sich das Bad vorgenommen. Die Wanne ist nun frei. Sie haben Müll, Pflanzen und jede Menge eingeweichter Einmachgläser entsorgt, mit denen Frau B. irgendwann mal etwas basteln wollte.

Eine Sozialarbeiterin hat sich geweigert, in die Wohnung zu gehen

Die Räumung des Rests der Wohnung müssten aber Profis machen, stellt Lang klar. Dafür seien die Zustände zu extrem. Es sei ihr „großes Glück“, dass Herr Lang ihr zur Seite stehe, sagt Frau B. Dessen Vorgängerin hatte sich ausbedungen, die Wohnung nicht betreten zu müssen und den eigenen Gesundheitsschutz geltend gemacht. Auch der Pflegedienst schickt erst dann eine Fachkraft und Haushaltshilfe, wenn die Wohnung in einem besseren Zustand ist. Das Problem: die Rentnerin kann sich nicht leisten, die Räumung zu bezahlen. Das GPZ hat sich deshalb an die Aktion Weihnachten gewandt. Frau B. würde nach der Räumung engmaschig begleitet, damit es nicht wieder zur Vermüllung kommt. Wir wollen helfen.

So können Sie spenden

Konten
Die Aktion Weihnachten freut sich über Spenden. Wenn Ihr Name als Spender veröffentlicht werden darf, vermerken Sie das bitte unbedingt bei der Überweisung. Die Konten lauten: Baden-Württembergische Bank, IBAN DE04 6005 0101 0002 3423 40, oder Schwäbische Bank, IBAN DE85 6002 0100 0000 0063 00. Sachspenden können wir aus logistischen Gründen leider nicht annehmen.